23.04.2024

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Folge 07-22 vom 18. Februar 2022 / Familiensaga / Wie die Banane nach München kam / Lisa Graf lässt den Aufstieg des „Dallmayr“ zu einem der führenden, noch existierenden Delikatessenläden Deutschlands lebendig werden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-22 vom 18. Februar 2022

Familiensaga
Wie die Banane nach München kam
Lisa Graf lässt den Aufstieg des „Dallmayr“ zu einem der führenden, noch existierenden Delikatessenläden Deutschlands lebendig werden
Manuela Rosenthal-Kappi

München im Jahr 1897. Das Ehepaar Anton und Therese Randlkofer hat den beliebten Feinkostladen Dallmayr übernommen und hat noch Großes vor. Doch Anton wird krank und stirbt. Die tatkräftige Therese verfolgt ihren Traum allein weiter. 

Es folgen arbeitsreiche Jahre, in denen Therese sich neben dem Ausbau des Geschäfts der Erziehung ihrer heranwachsenden Kinder widmet. Während sie seitens ihrer Kunden viel Zuspruch und teilweise Unterstützung erfährt, legt Max, der Bruder ihres Mannes, ihr immer wieder Steine in den Weg. Ein lange gehütetes Familiengeheimnis ihres Mannes bereitet ihr Kummer. Doch Therese ist eine geschäftstüchtige und zielstrebige Frau, die ihrer Zeit voraus ist. Mit dem richtigen Gespür für Neuerungen, viel Mut und der Unterstützung ihrer Kinder und Angestellten gelingt es ihr, „den Dallmayr“ innerhalb weniger Jahre zu einer der ersten Adressen Münchens zu machen, zu einem Delikatessentempel nach dem Modell der eleganten Kaufhäuser in London, Paris oder St. Petersburg. 

In ihrem Roman „Dallmayr. Der Traum vom schönen Leben“ hat Lisa Graf den legendären Aufstieg des Feinkostladens mit Leben gefüllt. Im Dallmayr konnte man um 1900 so exotische Waren wie „feinsten russischen Astrachan Caviar, Gänseleberpasteten und gelbe Bananen“ bekommen. Eindrucksvoll erzählt Graf, wie der älteste Randlkofer-Sohn Hermann die damals nicht ungefährliche Schiffsreise von Hamburg nach La Palma auf sich nimmt, um dort ins Bananengeschäft einzusteigen. 

Graf hat für ihren Roman historische Quellen im Münchner Stadtarchiv genutzt, darunter Zeitungsanzeigen mit dem Warenangebot bei Dallmayr und Artikel zu besonderen Ereignissen in der Stadt. Sie hat alle Orte, an denen der Roman spielt, selbst bereist. So ist es ihr gelungen, das Kolorit der Belle Époque in München einzufangen. Die liberale Stadt zog Künstler und Bohémiens in ihren Bann. Dass es daneben eine Mehrheit von Arbeitern und Handwerkern gab, die in ärmlichen Verhältnissen ihr Dasein fristen mussten, verschweigt die Autorin nicht. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass Therese Randlkofer bemüht war, neben ihren wohlhabenden Kunden auch weniger Betuchten den Einkauf im Dallmayr zu ermöglichen und so den „Traum vom schönen Leben“ für viele wahr werden zu lassen.

Der 640 Seiten umfassende Roman ist insgesamt eine unterhaltsame Lektüre, wenn auch die Handlung streckenweise hätte gestrafft werden können.

Lisa Graf: „Dallmayr. Der Traum vom schönen Leben“, Penguin Verlag, München 2021, Taschenbuch, 640 Seiten, 15 Euro