19.04.2024

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Folge 08-22 vom 25. Februar 2022 / Berliner Senat / Es kracht bereits in den Flitterwochen / „Giffey? Nein danke!“ – Rot-Grün-Rot wird schon kurz nach Amtsantritt von heftigen Querelen geschüttelt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-22 vom 25. Februar 2022

Berliner Senat
Es kracht bereits in den Flitterwochen
„Giffey? Nein danke!“ – Rot-Grün-Rot wird schon kurz nach Amtsantritt von heftigen Querelen geschüttelt
Hermann Müller

Üblicherweise werden Regierungen hundert Tage zugebilligt, um sich nach der Amtsaufnahme einzuarbeiten. Im Fall der neuen Berliner Landesregierung ist es Kommentatoren allerdings schwergefallen, sich in dieser Schonfrist mit Bewertungen zurückzuhalten. Schon wenige Wochen nach dem Start von Rot-Grün-Rot wachsen die Zweifel, ob das Bündnis aus SPD, Grünen und Linkspartei überhaupt die volle Wahlperiode bis 2026 durchhalten wird.

Bereits Anfang Februar wurde sehr harsche Kritik von Berlins Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) an Franziska Giffey (SPD), der neuen Chefin im Roten Rathaus, bekannt. Unmittelbarer Anlass für Jaraschs Unmut war Giffeys Vorhaben, die U-Bahn-Linie 7 bis zum Flughafen BER zu verlängern. Dabei handelt es sich offenbar nicht nur um einen Vorschlag an die Koalitionspartner. Giffey hatte die Verlängerung im Januar zur „Priorität“ erklärt.

Jarasch nannte gegenüber ihren Parteifreuden den U-Bahn-Plan dagegen einen „Rohrkrepierer“. Giffeys Argument, der Hauptstadtflughafen benötige eine bessere Anbindung, bezeichnete die Verkehrssenatorin unverblümt als „Unsinn“. Dass der Unmut bei den Grünen über Giffey womöglich noch tiefer sitzt und viel grundsätzlicher ist, machten Äußerungen des Grünen-Abgeordneten Werner Graf deutlich. Graf, der dem linken Parteiflügel zugerechnet wird, sagte offenbar auch mit Blick auf Giffey: „Einen Blankoscheck, weil man etwas im Wahlkampf versprochen hat, wird es mit uns nicht geben. Da können einzelne Politiker in dieser Stadt versprechen, was sie wollen.“ Trotz der gemeinsamen Koalition schlägt der Sozialdemokratin Giffey auch aus Teilen der Linkspartei regelrechte Feindschaft entgegen. Der Linke-Jugendverband Solid bezeichnete die Regierende Bürgermeisterin in einer Twitter-Nachricht unlängst sogar als „untragbare Person“, die „rassistische Praktiken betreibt“. Ebenfalls über Twitter macht der Linke-Parteinachwuchs Werbung für die Parole „Franziska Giffey? Nein Danke!“ Ein Aufkleber mit dieser Botschaft war inzwischen ganz offen am Laptop der Linken-Abgeordneten Katalin Gennburg zu sehen. 

Enteignungsplan gerät zur Lunte 

Die Sprecherin für Stadtentwicklung zählt in der Berliner Linkspartei zu Giffeys schärfsten Kritikern. Bereits im vergangenen Herbst hatte Gennburg dazu aufgerufen, bei dem Mitgliederentscheid gegen den Koalitionsvertrag zu stimmen. Am Ende votierten dennoch knapp 75 Prozent der Genossen für den Vertrag mit SPD und Grünen. Die Frage, wie der rot-grün-rote Senat mit dem Volksentscheid „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ umgeht, könnte die Stimmung in der Linkspartei allerdings wieder kippen lassen.

Das 100-Tage-Programm des Senats sieht vor, bis Ende März eine Expertenkommission zu bilden, die klären soll, ob und wie der Enteignungsvolksentscheid umgesetzt wird. Dabei kann bereits die personelle Besetzung der Kommission durch den Senat als wichtige Weichenstellung gesehen werden. Auf eine Nachfrage des Linke-Abgeordneten Niklas Schrader hat Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel im Abgeordnetenhaus bereits klar gemacht, dass er die Besetzung der Kommission als eine Senatsangelegenheit sieht.