23.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 08-22 vom 25. Februar 2022 / Nachruf / ARD-Gesicht und linker Wegbereiter

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-22 vom 25. Februar 2022

Nachruf
ARD-Gesicht und linker Wegbereiter
Erik Lommatzsch

In der ehemaligen DDR erinnert man sich an Peter Merseburger in erster Linie als ARD-Studioleiter in Ost-Berlin zwischen 1982 und 1987. Das „Westfernsehen“ genoss im Honecker-Staat bei vielen nahezu absolutes Vertrauen, gerade bezüglich der Berichterstattung über den eigenen Staat.

Der 1928 in Zeitz geborene Merseburger hatte sich früh für eine journalistische Laufbahn entschieden. Als er im Herbst 1946 in Sachsen-Anhalt für die damals noch oppositionelle Ost-CDU Landtagswahlkampf machte, wurde er für zwei Wochen inhaftiert, wegen des Verteilens von West-Berliner Zeitungen. Kolportiert wird die Anekdote, er habe Helmut Kohl gegenüber später einmal angeführt, im Unterschied zu diesem habe er für die CDU im Gefängnis gesessen. 

Merseburger verließ die sowjetische Zone. Das in Halle an der Saale begonnene Studium setzte er in Marburg fort. Es folgten SPD-Beitritt und Volontariat. Er arbeitete für den „Spiegel“, übernahm 1967 für acht Jahre das NDR-Magazin „Panorama“ und berichtete später als Fernsehkorrespondent außer aus Ost-Berlin auch aus Washington und London. Im Ruhestand wirkte er als Autor, vor allem von Biographien über Persönlichkeiten der Bundesrepublik. Hervorgehoben wird oft sein Willy-Brandt-Buch, wobei die Arbeit über Kurt Schumacher – „Der schwierige Deutsche“ – zu Unrecht etwas im Schatten steht.

Merseburger unterstützte die Ostpolitik der sozial-liberalen Koalition, zeigte große Sympathien für die 1968er-Bewegung und setzte sich für die Vereinfachung von Abtreibungen ein. Bei Anerkennung aller journalistischen Leistungen gehört er doch zu denjenigen, die dafür gesorgt haben, die öffentlich-rechtlichen Sender damals politisch unverhältnismäßig stark nach links auszurichten, mit den heute sichtbaren Folgen. Im letzten Jahr publizierte er seine Erinnerungen „Aufbruch ins Ungewisse“. Hier bezeichnete er auch im Rückblick etwa die Besetzung und Verwüstung des Bamberger Landratsamts durch Studenten im Jahr 1969 als „relativ harmlosen Go-in“, die heftige verbale Reaktion von Franz Josef Strauß auf dieses Ereignis stellte für ihn hingegen ein Problem dar.

Am 15. Februar ist Peter Merseburger in Berlin gestorben.