Den letzten Sonnabend im Februar kann man getrost einen historischen Tag nennen. Auf einer Sondersitzung des Bundestages machte Kanzler Scholz klar, dass sich die deutsche Politik nicht länger der Realität entziehen kann. Er kündigte eine Wende in der Verteidigungspolitik an, die aus der kaputtgesparten Bundeswehr wieder eine einsatzfähige Armee machen soll. 

Daneben demonstrierten in Berlin über hunderttausend Menschen gegen den Krieg in der Ukraine. Aufgerufen hatte ein Netzwerk aus Gewerkschaften und Vereinen. Angemeldet wurden 20.000 Demonstranten, es kamen fünfmal so viele. Es sei die größte Demonstration seit Beginn der Corona-Krise, meldeten die Medien. Diese Behauptung hält keinem Faktencheck stand, denn im November 2020 fand zwischen Siegessäule und Brandenburger Tor eine mindestens ebenso große Anti-Corona-Demo statt. 

Anders als damals blieb die Polizei diesmal passiv. Sie habe auf Maskentragen und Abstandsgebot geachtet, twitterte der Medienverantwortliche der Berliner Beamten. Tatsächlich war der Großteil der Demonstranten brav maskiert, aber von Abstandhalten konnte wegen der schieren Größe der Menschenmenge keine Rede sein. Bleibt nur zu wünschen, dass in Zukunft alle Demonstrationen wieder als selbstverständliches Recht behandelt werden. 

Neben der Kundgebung an der Siegessäule gab es noch eine Zusammenkunft am Neptunbrunnen. Etwa 10.000 Menschen waren einem Aufruf des ukrainischen Netzwerks Vitsche Berlin gefolgt. Diese Demonstration startete vor dem Roten Rathaus und sollte sich eigentlich der großen Friedensdemo anschließen. Das war jedoch nicht möglich, sie wurde Unter den Linden, unweit der Russischen Botschaft, gestoppt. Das Gebiet um die Botschaft scheint abgeriegelt gewesen zu sein, denn hier hatten der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz und sein Generalsekretär Mario Czaja zu einer Mahnwache aufgerufen. Außer etlichen Bundestagsabgeordneten hielt sich die Zahl der Teilnehmer in Grenzen. Die Veranstaltung fand in den Medien kaum Erwähnung. Menetekel?