29.03.2024

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Folge 09-22 vom 04. März 2022 / Analyse / Kadyrows Krieg

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-22 vom 04. März 2022

Analyse
Kadyrows Krieg
Bodo Bost

Am vierten Tag der Invasion in der Ukraine verkündete der tschetschenische Präsident Ramsan Kadyrow, dass er seine Kämpfer auch in die Ukraine geschickt hat. Aber offenbar konnten diese Bergkrieger, die im Bürgerkrieg in Syrien sehr gefürchtet sind, in der weitgehend flachen Ukraine nicht denselben Schrecken verbreiten wie in den kaukasischen Bergen, denn schon am selben Tag gab es Meldungen, dass die ukrainische Armee ein ganzes Bataillon Kadyrows bereits aufgerieben habe. 

Wladimir Putins Verhältnis zu Tschetschenien ist sehr zwiespältig. Seine Ernennung zum Ministerpräsidenten durch Präsident Boris Jelzin 1999 fiel zusammen mit den großen Terroranschlägen August/September 1999, bei denen vorwiegend in Moskau 367 Menschen ums Leben kamen. Diese Terroranschläge waren der Anlass für Putin, im Oktober den Zweiten Tschetschenienkrieg zu beginnen. Wenige Wochen später wurde er geschäftsführender Präsident Russlands und im Mai 2000 auch gewählter Präsident. Kein einziger der sechs Bombenanschläge wurde, trotz Putins Expertise als KGB-Mann, aufgeklärt. Zwei damals sehr bekannte Oppositionelle, Litwinenko und Beresowski, welche die These vertraten, dass Putin und der FSB-Geheimdienst die Attentate selbst inszeniert hätten, starben später in London unter mysteriösen Umständen. Putin gewann seine erste Präsidentschaftswahl nur, weil er sich als starker Mann und Rächer für die Terroropfer aufspielte. 

Russland konnte auch den Zweiten Tschetschenienkrieg unter Putins Führung nicht gewinnen. Allerdings wurde Tschetschenien zu neun Zehnteln zerstört. Lediglich mit einem für Russland sehr teuren Deal mit dem tschetschenischen Kadyrow-Clan konnte das Land befriedet werden. Die Hauptstadt Grosnij wurde komplett neu aufgebaut im Kadyrow-Stil. Der Kadyrow-Clan erhielt unbegrenzte Machtbefugnisse und Dutzende Milliarden aus dem russischen Staatshaushalt. Seit 2004 steht Ramsan Kadyrow nach der Ermordung seines Vaters bei einer Militärparade in Grosnij an der Spitze des Landes und des Clans. Seitdem herrscht in der de facto selbstständigen Kaukasusrepublik ein bizarrer Personenkult. In Kadyrostan herrschen längst eigene islamische Scharia-Gesetze und eine eigene islamische Armee und Geheimpolizei, die nur Kadyrow gehorchen. Nicht einmal mehr eine Farce von Demokratie wird geduldet. Kein Russe lebt mehr in dem Gebiet. Putin hat sich die weitere Pro-forma-Zugehörigkeit des Gebietes zu Russland faktisch mit Geld und der Abgabe weitestgehender Souveränitätsrechte an den Kadyrow-Clan erkauft. Diesem gelingt es jedoch, nur mit Terror und immensen Geldzuweisungen seine Herrschaft zu sichern. Kadyrow hat selbst eine eigene Außenpolitik begonnen, Putin hat ihn in Abu Ghosh bei Jerusalem in Israel mit russischem Geld die größte Moschee des jüdischen Staates bauen lassen. Damit können Kadyrow und Putin mächtig Eindruck machen auf andere muslimische Führer weltweit, denn Jerusalem ist die drittheiligste Stadt des Islams.

Nachdem Russland jetzt begonnen hat, sein eigenes „Brudervolk“ in der Ukraine abzuschlachten, erhielten die einstigen schlimmsten Feinde Russlands aus dem Kaukasus, gegen die Russland in 15 Jahren zwei Kriege verloren hat, noch mehr Freiraum. Sie dürfen auch auf dem Schlachtfeld im slawischen „Bruderland“ Ukraine morden und Schrecken verbreiten in radikalislamischer Manier. Auch in Russland dürfen sie das jetzt bereits, allerdings bislang nur gegen Tschetschenen, wie das Beispiel des ehemaligen Richters Sajdi Jangulbajew und dessen Familie in Nischnij Nowgorod zeigt. 

 Dass der tschetschenische Clanführer Kadyrow jetzt Putin als erster in der Ukraine zu Hilfe eilt, zeigt, dass Putin seine slawischen „Brüder“ Weißrussland und Ukraine mit Terror unterwerfen will. Putin hat in Weißrussland mit Alexander Lukaschenko samt dessen Clan bereits einen Terrorherrscher gefunden: Nach dem Modell Tschetschenien will er jetzt offenkundig auch die Ukraine zuerst zerstören und dann einer ihm hörigen Terrorherrschaft unterwerfen. An der Zerstörung Kiews und anderer Symbolstädte des orthodoxen Christentums arbeitet Putins Armee bereits. Der ukrainische Terrorherrscher wird sicherlich aus den Donbass-„Volksrepubliken“ kommen, in denen die Mafia seit acht Jahren herrscht und Putin diese bereits seit acht Jahren schult. (Siehe auch Seite 6.)