19.04.2024

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Folge 09-22 vom 04. März 2022 / Leitartikel / Solidarität mit der Ukraine / Gedanken zum Krieg im Osten Europas – und zu seinen Folgen für die Beziehungen zu unseren Nachbarn

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-22 vom 04. März 2022

Leitartikel
Solidarität mit der Ukraine
Gedanken zum Krieg im Osten Europas – und zu seinen Folgen für die Beziehungen zu unseren Nachbarn
Stephan Grigat

Der Angriff Russlands auf die Ukraine ist etwas, was den Angehörigen der Gründergeneration der  Landsmannschaft Ostpreußen nicht fremd ist. Sie haben einen Einmarsch Russlands bereits erlebt, mit allem Leid und Schrecken, der dazu gehört. Damals – 1944/45 – waren viele russische Soldaten nicht nur von der Politik Stalins und seinen strategischen Zielen getrieben, zu denen die Neuziehung der europäischen Grenzen gehörte, sondern auch von Rache für Verwüstung, Mord und Totschlag, die ihnen und ihrem Land zuvor Deutsche in Verfolg der NS-Ideologie zugefügt hatten.

Angriff auf die Wurzeln unseres Gemeinwesens

Heute ist der Krieg in der Ukraine ausschließlich von den strategischen Interessen des russischen Präsidenten Wladimir Putin bestimmt, von seinem Willen, als bestimmender Global Player aufzutreten. Es ist ein reiner Angriffskrieg, dazu bestimmt, Russland größer zu machen und seine Grenzen wieder denen der alten Sowjetunion anzugleichen. Dieser aggressiven Politik wird alles untergeordnet: Recht, Freiheit, Sicherheit und nicht zuletzt das Leben unschuldiger Zivilisten. 

Die Ostpreußen schulden als Schicksalsgefährten den Ukrainern Unterstützung, Hilfe und Solidarität. Lassen Sie uns diese Solidarität üben, nicht nur mit Worten sondern auch mit Taten! 

Die baltischen Staaten (früher Bestandteil der Sowjetunion) sind im Augenblick noch durch ihre NATO-Mitgliedschaft geschützt, aber wie lange noch? Putin hat sich als Kriegsverbrecher entlarvt; er stürzt die ganze Welt in Unruhe und bringt uns an die Grenze eines Dritten Weltkrieges. So hat er auch die Nuklearstreitkräfte seines Landes in Alarmbereitschaft versetzt. 

Aber dieser Krieg ist kein Krieg des russischen Volkes. Die Ostpreußen haben im Laufe der Jahrzehnte viele russische Freunde und Partner gewonnen. Keiner von ihnen will – da bin ich mir sicher – einen Krieg, schon gar nicht einen brutalen und grundlosen Angriffskrieg wie diesen. Lassen wir es nicht zu, dass Putin wieder Feindschaft sät zwischen den Menschen unserer Nationen, zwischen Russen und Deutschen! Lassen wir es nicht zu, dass Putin alles zerstört, was wir in den letzten 30 Jahren an Gemeinsamkeit und Freundschaft aufgebaut haben. Setzen wir uns ein für Recht, Gerechtigkeit und Wahrheit. Tun wir alles für ein schnelles Ende dieses Krieges.

Konsequenzen für Deutschland

Nach diesem Angriffskrieg wird nichts mehr so sein wie vorher. Der Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine lehrt uns die andauernde Richtigkeit der alten lateinischen Weisheit „Si vis pacem, para bellum“ (Wenn Du den Frieden willst, bereite den Krieg vor). Wo stehen wir, wo steht Deutschland? Wir müssen konstatieren, dass Deutschland militärisch und energetisch in unbegreiflicher Weise unvorbereitet ist. 

Bezeichnend ist die Feststellung des Heeres-Inspekteurs Alfons Mais: „Die Bundeswehr, das Heer, das ich führen darf, steht mehr oder weniger blank da.“ Seit Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) nach der Krim-Annexion im Jahre 2014 eine „Trendwende“ in allen Bereichen der Bundeswehr – Finanzen, Ausrüstung, Personal – angekündigt hatte, ist es nicht gelungen, auch nur eine einzige Brigade, einen Verband von 5000 Soldaten, voll auszurüsten. Was selbst Estland mit 1,3 Millionen Einwohnern schafft, hat Deutschland in sieben Jahren nicht vermocht. Auch andere Ziele der Wiederertüchtigung der Streitkräfte wurden verfehlt. Die Aufstellung einer kriegstauglichen Division – Ziel für 2027 – liegt in weiter Ferne. Für jeden, der sich etwas mit der Bundeswehr beschäftigt, ist das kein überraschender Befund, sondern vielmehr die erwartbare Folge einer parteiübergreifenden Verweigerungshaltung und Missachtung der Politik gegenüber der Bundeswehr und der Verteidigungsfähigkeit Deutschlands.

Staatliche Energiereserven gibt es nicht oder in völlig unzureichendem Umfang. Nicht die Versorgungssicherheit für die Bevölkerung war bislang der Maßstab des politischen Handelns, sondern eine imaginäre Klimaneutralität und eine wirklichkeitsfremde Vorstellung von der Leistungsfähigkeit und den Möglichkeiten alternativer Energien.

Zeit für eine Rückbesinnung

Das Gebot der Stunde ist, die autarke Energieversorgung und die Selbstverteidigungsfähigkeit Deutschlands mit allergrößter Priorität wiederherzustellen. Dies wird viel Geld kosten, Geld, das in den vergangenen Jahrzehnten leichtfertigerweise an anderer Stelle ausgegeben worden ist, sowie die Einsicht, dass es heute und in den nächsten Jahrzehnten nicht ohne Kohle, Gas und Kernenergie geht. 

Der Krieg in der Ukraine hat uns auf dramatische Weise vor Augen geführt, dass unser Land die Wurzeln seines Wohlstands, nämlich Freiheit und Sicherheit auf allen Feldern des öffentlichen Lebens, vernachlässigt hat. Es ist an der Zeit, sich wieder darauf zurückzubesinnen. 

Stephan Grigat ist Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen e.V. sowie Herausgeber der Preußischen Allgemeinen Zeitung. 

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