20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 09-22 vom 04. März 2022 / Entdeckung / Kunstwerk „Wilde Männer“ in Kirche Kenz ist gesichert / Mehr als 600 Jahre alter Kunstschatz – in der Art in Deutschland nicht bekannt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-22 vom 04. März 2022

Entdeckung
Kunstwerk „Wilde Männer“ in Kirche Kenz ist gesichert
Mehr als 600 Jahre alter Kunstschatz – in der Art in Deutschland nicht bekannt

Die „wilden Männer“, drei ungewöhnliche mittelalterliche Wandmalereien in der Dorfkirche Kenz bei Barth (Kreis Vorpommern-Rügen), sind für 25.000 Euro gesichert worden. Die Sicherung der jeweils etwa 1,25 Meter großen Medaillons im Turmbogen der ehemaligen Wallfahrtskirche St. Marien ist je zur Hälfte aus Denkmalmitteln des Landes Mecklenburg-Vorpommern und Geldern der Zeit-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius finanziert worden, teilte die evangelische Kirchengemeinde Bodstedt-Flemendorf-Kenz mit.

Die um 1400 entstandene Malerei zeigt den Angaben zufolge in drei Medaillons jeweils das Motiv eines „Wilden Mannes“ mit Fell am Körper, der durch ein Waldgebiet wandert. Dabei unterscheidet sich die Darstellung der einzelnen „Wilden Männer“ in Mimik und Haartracht. Vergleichbare Motive mittelalterlicher Wandmalereien in Kirchen sind im deutschsprachigen Raum nicht bekannt.

Durch ikonographische Elemente unterstützt wird die Deutung, dass drei unterschiedliche Darstellungen des „Wilden Mannes“ als Einladung zum christlichen Glauben verstanden werden können. Eine umfassende Bewertung der Malereien ist allerdings noch nicht erfolgt.

Restauratoren hatten die Malereien im Sommer 2019 durch Zufall entdeckt, weil die Gewölbe des Kirchenschiffes restauriert wurden und eingerüstet waren. Auch wegen Zwischendecken sind die Medaillons im Turmbogen hinter der Orgel nicht direkt einsehbar, hieß es auf Nachfrage.

Die Malereien sind noch in einem außergewöhnlich guten Originalzustand aus der Bauzeit erhalten, sodass keine größeren konservatorischen Maßnahmen erforderlich waren. Zur Sicherung sind jetzt unter anderem Risse im und über dem Bogen geschlossen, lose Putze gefestigt und die mittelalterliche Malschicht gereinigt worden. Quelle: epd

St. Marien in Kenz 

Die ehemalige Wallfahrtskirche Sankt Marien Kenz wurde um 1398 unweit einer heilkräftigen Quelle als Wallfahrtskirche im Stil der Backsteingotik auf einem Feldsteinsockel errichtet. Kenz entwickelte sich dank der Quelle im 15. Jahrhundert zum meistbesuchten Wallfahrtsort Vorpommerns und wurde im 18. Jahrhundert Kurort. Das achteckige Brunnenhaus, das von etwa 1760 bis 1870 über dem Brunnen stand, wurde 2003 nach dem historischen Vorbild wiedererrichtet. 

Die Ausstattung der Kirche ist im Wesentlichen aus gotischer und barocker Zeit. Ins Auge fallen zunächst die wertvollen Glasmalereien in den sechs Chorfenstern (um 1430). Sie zeigen Gestalten aus der Bibel und der pommerschen Geschichte, Szenen aus dem Marienleben sowie Wappen und Architektur und stellen den größten Bestand mittelalterlicher Glasmalerei in Mecklenburg-Vorpommern dar. 

Außergewöhnlich ist das aufklappbare hölzerne Grabmal (um 1410) des Herzogs Barnim VI. von Pommern-Wolgast, der 1405 an der Pest starb und auf seinen Wunsch in der Kenzer Kirche begraben wurde. An ihn erinnert auch ein 1603 von Herzog Philipp II. gestiftetes Kalkstein-Epitaph. Sehenswert sind ferner ein Triumphkreuz (14. Jahrhundert), Altaraufsatz und Kanzel von Thomas Phalert (um 1695), hörenswert ist die zweimanualige Orgel mit 15 Registern, die 1847 von Johann Friedrich Schulze aus Paulinzella (Thüringen) gebaut wurde und im Sommer auch zu Konzerten erklingt.

Ev. Kirchengemeinde Kenz