29.03.2024

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Folge 09-22 vom 04. März 2022 / Das „Tor zur Hölle“ / Wenn die Erde brennt – In manchen Regionen der Erde stehen Gas- und Kohlequellen zum Teil schon seit Jahrhunderten in Flammen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-22 vom 04. März 2022

Das „Tor zur Hölle“
Wenn die Erde brennt – In manchen Regionen der Erde stehen Gas- und Kohlequellen zum Teil schon seit Jahrhunderten in Flammen
Wolfgang Kaufmann

Inmitten der Wüste Karakum, etwa 260 Kilometer nördlich der turkmenischen Hauptstadt Aşgabat und unweit des kleinen 350-Seelen-Dorfes Derweze, schlagen unzählige Flammen aus einem rund 5300 Quadratmeter großen Loch im Sand – und das schon seit Jahrzehnten. Deshalb gaben die Einheimischen dem Krater von knapp 70 Metern Durchmesser und 30 Metern Tiefe den dramatischen Namen Jähenneme açylan gapy, was auf Deutsch „Tor zur Hölle“ bedeutet.

Die wahrscheinlichste Erklärung für die Entstehung dieses Phänomens ist ein durch die Behörden der früheren Turkmenischen Sozialistischen Sowjetrepublik vertuschter Unfall bei Bohrarbeiten im Jahre 1971. Laut dem Geologen Anatoly Bushmakin suchten damals Prospektoren unter der Kalksteindecke in der Karakum nach Erdöl, wobei ihre schweren Gerätschaften einbrachen und in eine oberflächennahe Höhle voller Methangas stürzten. Daraufhin wollte der Erkundungstrupp den Inhalt der vermeintlichen Gas­tasche abfackeln, was jedoch nicht gelang, weil aus unzähligen Spalten im Grunde des Loches ständig neues Methan nachströmte. Deshalb schlagen die Flammen bis heute aus dem Erdloch und sorgen für ein Schauspiel ersten Ranges, das sogar aus dem Weltall zu sehen ist.

Seit etwa 2010 hat sich das sowohl per Auto als auch mit der Trans-Karakum-Eisenbahn leicht zu erreichende Tor zur Hölle sukzessive zur Touristenattraktion entwickelt, womit es der Republik Turkmenistan zu Einnahmen verhilft. Dennoch will der seit 2007 amtierende Präsident des Landes, Gurbanguly Mälikgulyýewiç Berdimuhamedow, welcher 2019 bereits die wenig populäre Umbenennung des Kraters in Garagum ýalkymy (Das Leuchten der Karakum) verfügte, das unterirdische Feuer alsbald für immer löschen lassen, nachdem seine erste diesbezügliche Anordnung vom April 2010 ohne Erfolg geblieben war. 

Der Löschbefehl des Präsidenten

Am 8. Januar 2022 nannte der Präsident in einer vom Staatsfernsehen übertragenen Rede drei Gründe für den Löschbefehl: Die Umweltverschmutzung durch den Rauch der Brände, mögliche gesundheitliche Schäden bei den Bewohnern der Region um den Krater und der Verlust an wertvollem Erdgas, mit dessen Export Turkmenistan „beträchtliche Gewinne“ erzielten könnte.

Die Umsetzung der Weisung von Berdimuhamedow dürfte jedoch alles andere als einfach sein, denn jede der fünf potentiellen Löschmethoden birgt ernsthafte Probleme oder Risiken. Wenn Löschschaum zum Einsatz käme, müsste dieser den gesamten Krater ausfüllen, wozu eine erhebliche Menge Wasser nötig wäre, das es vor Ort nicht gibt. Das „Ausblasen“ des Feuers mittels Sprengstoffexplosion würde erfordern, die Ladung auf dem Grund des glühendheißen Kraters zu platzieren, ohne dass diese vorzeitig detoniert. Und im Falle der Verwendung von 196 Grad Celsius kaltem Flüssigstickstoff stellt sich natürlich die Frage des Transports bis zum Einsatzort. Zudem genügt eine einzige Zündquelle und das Feuer flammt wieder auf. 

Option Nummer Vier besteht in der Erzeugung eines kleinen Erdbebens, welches die Aufstiegskanäle für das Gas blockieren könnte – oder auch nicht. Als besonders aufwendig gilt die letzte Möglichkeit, nämlich das Verschließen des Kraters mit einem riesigen Deckel. Dann ließe sich das Gas aber auffangen und nutzen.

Sollte irgendeines dieser Verfahren zum Erfolg führen und die Flammen im Tor zur Hölle ersticken, müssten die Touristen, welche bisher nach Derweze zogen, um das Spektakel zu beobachten, mit weniger eindrucksvollen Alternativen vorliebnehmen. Davon gibt es dann allerdings einige, wobei zwischen Erdgas- und Kohlefeuern zu unterscheiden wäre. Beispiele für erstere sind der „Brennende Berg“ Yanar Dağ in Aserbaidschan und das „Feuer der Chimäre“ bei Yanartaş in der Türkei 70 Kilometer südwestlich des Badeortes Antalya, das schon seit mindestens 2500 Jahren lodert. 

Brennende Berge in Deutschland

Ebenso bereits aus der Antike bekannt sind die Flammen von Baba Gurgur, dem „Vater des Feuers“ im Norden des Irak. Möglicherweise wird dieses Naturschauspiel sogar im Kapitel Drei des Buches Daniel im Alten Testament beschrieben und beeindruckte desgleichen bereits den Eroberer Alexander den Großen, als dieser Anfang Oktober 331 v. Chr. nach der Schlacht von Gaugamela auf Babylon 

vorrückte.

Definitiv noch älter ist die „ewige Flamme“ im australischen Bundesstaat New South Wales bei Wingen 224 Kilometer nördlich von Sydney. Das in 30 Metern Tiefe durch den Sandstein des hier aufragenden Burning Mountain führende Kohleflöz glimmt nach Schätzungen von Geologen schon seit 6000 Jahren – wahrscheinlich entfacht durch Blitzeinschläge. Andere solcher natürlicher Kohlebrände von langer Dauer, welche teilweise ebenfalls Schaulustige anziehen, sind aus Kanada, China, Indien, Indonesien, Neuseeland, Südafrika sowie den USA bekannt.

Und wer nicht so weit reisen will, kann auch in Deutschland fündig werden. Hier befindet sich der Brennende Berg, der zwischen dem Saarbrücker Stadtteil Dudweiler im Westen und dem Sulzbacher Stadtteil Neuweiler im Osten liegt. Um 1660 herum geriet dort die dicht unter der Oberfläche anstehende Fettkohle in Brand, weswegen nach wie vor an manchen Stellen des heutigen Naturdenkmals Rauch aufsteigt. Desgleichen gibt es am Hohen Meißner im Fulda-Werra-Bergland oberhalb der ehemaligen Bergamtssiedlung Schwalbenthal die „Stinksteinwand“. In deren Bereich hatten sich im 17. Jahrhundert Braunkohleflöze entzündet – was bis zum heutigen Tag für charakteristische Gas- und Rauchaustritte sorgt.

Ein weiterer unterirdischer Steinkohlebrand entstand 1479 bei Planitz unweit der sächsischen Stadt Zwickau – angeblich ausgelöst durch Büchsenschüsse in einen Fuchsbau hinein. Der „Planitzer Erdbrand“ wurde allerdings um 1860 durch bergmännische Maßnahmen erstickt. Dahingegen erlosch die durch Erdgas gespeiste und seit dem 15. Jahrhundert bekannte „heilige ewige Flamme“ namens Api Abadi Mrapen unweit der Ortschaft Manggarmas auf der indonesischen Insel Java am 25. September 2020 urplötzlich ganz von allein und aus bislang nicht geklärter Ursache.