27.04.2024

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Folge 09-22 vom 04. März 2022 / Küche / Ein gärender Prozess / Vitaminreiches aus dem Einmachglas – Fast schon in Vergessenheit geraten, kommt Fermentation wieder in Mode

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-22 vom 04. März 2022

Küche
Ein gärender Prozess
Vitaminreiches aus dem Einmachglas – Fast schon in Vergessenheit geraten, kommt Fermentation wieder in Mode
Stephanie Sieckmann

Lebensmittel ohne Erhitzen haltbar zu machen, ist keine Erfindung des 21. Jahrhunderts. Die Methode des Haltbarmachens mit Hilfe von Mikroorganismen und Bakterien ist sogar uralt. Doch sie wird gerade wiederentdeckt. 

Oma hat gewusst, dass Fermentieren eine prima Methode war, um Lebensmittel lange nutzen zu können. Doch das Schneiden, Raspeln, Salzen und stundenlange Stampfen zum Beispiel von Weißkohl war mühsam und zeitaufwendig und ist irgendwann in den letzten 100 Jahren aus der Mode gekommen. Das fertige Produkt Sauerkraut gibt es heute schließlich in jedem Supermarkt fertig zu kaufen. 

Neben dem Dörren von Obst und dem Räuchern von Fleisch und Fisch wird nun jedoch auch das Fermentieren – von lateinisch „fermentatio“ („gären machen“) –wiederentdeckt und in der häuslichen Küche zelebriert. Auslöser für diesen Trend ist unter anderem der Wunsch nach gesunder Ernährung mit einem hohen Vitamingehalt. Fermentiertes Gemüse hat einen guten Ruf. Der Vitamingehalt ist höher als bei eingekochtem oder lange gelagertem Gemüse. Zudem wird den Milchsäurebakterien, wie sie beim Sauerkraut zu finden sind, nachgesagt, dass sie die Darmflora stärken. Die wiederum hat Einfluss auf das Immunsystem.

Wer sich die Mühe macht, Gemüse selbst zu fermentieren, muss allerdings etwas Geduld aufbringen. Im Fall von Sauerkraut muss man zunächst den Kohlkopf fein raspeln, mit Salz versehen und anschließend stampfen. Sobald sich so viel Lake gebildet hat, dass der Kohl bedeckt ist, wird das Gefäß mit einem Teller abgedeckt, der zusätzlich beschwert wird. Dann braucht es vor allem Zeit, und zwar so viel Zeit, dass die Bakterien ihren Job machen und den Kohl zu Sauerkraut wandeln können, indem sie den Zucker zersetzen. Nach rund sechs Wochen (immer bei Zimmertemperatur) ist das Sauerkraut fertig. Aus hartem Kohl und Salz ist weiches, saures Sauerkraut geworden. Vorausgesetzt, dass der Gärungsprozess nach Plan verläuft. Schief gehen kann so einiges beim Fermentationsprozess. 

Wichtig ist beim Fermentieren, dass nur die richtigen, die guten Bakterien oder Enzyme an die Arbeit dürfen. Die Behälter, in denen das Gärgut aufbewahrt wird, müssen zuvor ausgekocht werden, damit sich keine „schlechten“ Bakterien einmischen können. Ebenso kommt dem Abdecken während der Gär-Wochen eine wichtige Rolle zu. Gelangt während des Fermentierungsprozesses Sauerstoff an das Gemüse, kippt der Vorgang, es kann sich Schimmel bilden. 

Hat man den Bogen raus, gelingt das Fermentieren aber keineswegs nur mit Kohl. Auch Möhren, Rote Beete, Blumenkohl lassen sich auf diese Weise haltbar machen. Wer es gerne etwas schärfer mag, wagt sich an das koreanische Kimchi heran, das aus Chinakohl hergestellt wird. Dieses Lebensmittel wird in Korea als Beilage zu fast allen Mahlzeiten gereicht und erobert seit einigen Jahren zunehmend europäische Teller. In Korea hat jede Familie ihr spezielles Kimchi-Rezept. 

Zu Beginn der Saison treffen sich die Frauen der Familie und bereiten gemeinsam einen Tag lang Kimchi für die nächsten Monate vor. Gemeinsam geht die Arbeit eben besser von der Hand und ganz nebenbei wird auch der Zusammenhalt gestärkt. Erinnert Sie das an Geschichten von Oma Friede und Tante Helga? Vielleicht kommt bei uns demnächst auch das gemeinsame Herstellen von Bratheringen, Sauerkraut und Mixed Pickles wieder in Mode.