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Folge 10-22 vom 11. März 2022 / Wehrpflicht / Dienst für das Vaterland – für alle oder keinen? / Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine bricht die Diskussion neu auf. Die Fronten gehen quer durch die politischen Lager

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-22 vom 11. März 2022

Wehrpflicht
Dienst für das Vaterland – für alle oder keinen?
Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine bricht die Diskussion neu auf. Die Fronten gehen quer durch die politischen Lager
Norman Hanert

Die Aussetzung der Wehrpflicht vor einem knappen Dutzend Jahren durch den damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) war ein vergleichsweise leichtes Unterfangen. Die Rückkehr zur Wehrpflicht könnte sich als schwieriger herausstellen. Sowohl im Regierungslager als auch in der Union gibt es namhafte Gegner einer Wehrdienstpflicht. Sollte die Politik keine allgemeine Dienstpflicht für beide Geschlechter einführen, droht zudem Streit über die Geschlechtergerechtigkeit.

Dienstpflicht oder Wehrpflicht?

Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine haben Politiker verschiedener Parteien eine Debatte über ein verpflichtendes Dienstjahr für junge Menschen in Gang gebracht. Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Carsten Linnemann warb in der „Bild“ für ein „Gesellschaftsjahr“. Das Dienstjahr soll sich laut Linnemann „verpflichtend an junge Männer und Frauen nach Beendigung ihrer Schulzeit“ richten und sich nicht nur auf die Bundeswehr beschränken. Als weitere Einsatzmöglichkeiten neben der Bundeswehr nannte Linnemann den Pflege- und Sozialbereich, das Technische Hilfswerk, die Feuerwehr und auch Vereine. Seinen Vorschlag für ein Gesellschaftsjahr begründete der stellvertretende CDU-Vorsitzende auch mit der Vermittlung sozialer Kompetenzen an die Jugendlichen. „Das würde die Krisenresilienz unserer Gesellschaft stärken“, so Linnemann. 

Der Sprecher der Arbeitsgruppe Sicherheits- und Verteidigungspolitik der SPD-Bundestagsfraktion, Wolfgang Hellmich, mahnt: „Die Debatte über eine allgemeine Dienstpflicht müssen wir dringend führen.“ Das Mitglied des Förderkreises Deutsches Heer ergänzte: „Eine Dienstpflicht würde den Gemeinsinn fördern.“ 

Mit oder ohne Frauen?

Wie die Argumente für eine allgemeine Dienstpflicht kommen auch die dagegen parteiübergreifend sowohl aus dem Regierungslager als auch aus der Opposition. Ablehnend ist die Haltung von Markus Söder. Der CSU-Vorsitzende sagte, aus seiner Sicht ergebe weder eine Rückkehr zur Wehrpflicht noch eine allgemeine Dienstpflicht Sinn. Es sei verfassungsrechtlich schwierig, eine allgemeine Dienstpflicht umzusetzen, wenn viele Menschen bereits mit der Umsetzung einer Corona-Impfpflicht ein Problem hätten. Trotz der Warnungen vor einem Personalnotstand in Kliniken und Pflegeeinrichtung während der Corona-Pandemie bezweifelte der Christsoziale, dass es genügend Aufgaben gibt, um alle jungen Menschen für ein Jahr zum Dienst zu zwingen.

Mit oder ohne Ausländer?

Saskia Esken moniert, über die Dienstpflicht sei „lange genug diskutiert“ worden. Aus Sicht der SPD-Vorsitzenden würde die Wiedereinführung der Wehrpflicht weder bei der Verbesserung des Zustands der Bundeswehr noch in der aktuellen Auseinandersetzung mit Russland helfen. Ebenso erteilte die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl (SPD), einer bloßen Reaktivierung der Wehrpflicht eine Absage.

Tatsächlich zielen in der aktuellen Diskussion die meisten Befürworter aus guten Gründen gar nicht auf eine Reaktivierung der Wehrpflicht ab, sondern auf eine allgemeine Dienstpflicht. Bereits vor der Aussetzung der Wehrpflicht war eine Gerechtigkeitsdiskussion im Zusammenhang mit der Wehrpflicht aufgekommen. Durch die Verkleinerung der Bundeswehr in den 90er Jahren und die zunehmende Zahl der aus gesundheitlichen Gründen Ausgemusterten, waren in den letzten Jahren vor der Aussetzung der Wehrpflicht überhaupt nur noch weniger als 15 Prozent eines Jahrganges einberufen worden. Diese konnten sich gegenüber den Altersgenossen, die nicht zum Wehrdienst herangezogen wurden, mit Recht benachteiligt fühlen. Angesichts ständiger Forderungen nach Geschlechtergerechtigkeit wäre heutzutage auch kaum noch vermittelbar, warum eine Dienstpflicht nur für männliche Jugendliche gelten sollte. 

Mit oder ohne Doppelstaatler?

Zu rechnen ist bei einer allgemeinen Dienstpflicht allerdings mit einer anderen Gerechtigkeitsdiskussion. Die Massenzuwanderung nach Deutschland hat dazu geführt, dass hier lebende Heranwachsende immer öfter gar keine deutschen Staatsbürger sind oder aber zwei oder noch mehr Staatsangehörigkeiten haben. Ob diese Personen per Gesetz zu einem Dienstjahr für die deutsche Gesellschaft verpflichtet werden können, ist fraglich. Bleibt dieser Personenkreis bei der Dienstpflicht außen vor, müssten sich wiederum die jungen Deutschen benachteiligt fühlen, welche die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen und sonst keine.