20.05.2024

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Folge 10-22 vom 11. März 2022 / Weißrussland / Für Alexander Lukaschenko wird die Luft dünn / Weißrussland ist weitgehend abhängig vom großen Nachbarn, dem seinerseits das Quasi-Embargo zusetzt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-22 vom 11. März 2022

Weißrussland
Für Alexander Lukaschenko wird die Luft dünn
Weißrussland ist weitgehend abhängig vom großen Nachbarn, dem seinerseits das Quasi-Embargo zusetzt
Peter Entinger

Fast 5000 Strafverfahren laufen gegen Regimekritiker, mehr als 600 Gegner des Präsidenten befinden sich derzeit in Haft. Das ist für eine Gesamteinwohnerzahl von nicht einmal zehn Millionen eine beträchtliche Zahl. Doch die Machthaber in Weißrussland verkünden in aller Regel nur, dass alles in bester Ordnung sei. 

In der vergangenen Woche wurde das Resultat eines Referendums mitgeteilt, gemäß dem sich „eine überwältigende Mehrheit“ für eine Verfassungsreform entschieden und damit hinter Präsident Alexander Lukaschenko gestellt habe. Sie soll dem seit 1994 autoritär regierenden 67-Jährigen weitere Amtszeiten ermöglichen und ihm nach einem eventuellen Rückzug aus der Politik lebenslange Straffreiheit garantieren. Sollte es seine physische Verfassung zulassen, könnte Lukaschenko damit bis 2035 regieren. 

Im Krieg in der Ukraine steht Weißrussland fest an der Seite seines russischen Nachbarn, kurz vor Ausbruch der Kampfhandlungen präsentierten sich die Präsidenten Lukaschenko und Wladimir Putin in trauter Zweisamkeit. Mehr als 300.000 russische Soldaten sind in dem Land stationiert, ob sie jemals wieder abziehen werden, ist ungewiss. Bei der Niederschlagung der Massenproteste nach der umstrittenen Wiederwahl Lukaschenkos vor gut einem Jahr konnte der Minsker Präsident auf die Unterstützung Russlands zählen.

Wirtschaftlich ist Weißrussland so abhängig von seinem Nachbarn wie kaum ein anderes Land auf der Welt. Die Wirtschaftsleistung beträgt pro Jahr rund 60 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: Schweden kommt mit einer leicht höheren Einwohnerzahl auf mehr als 600 Milliarden Dollar pro Jahr. Vier Zehntel der weißrussischen Exporte gehen nach Russland. Noch gravierender ist, dass ein Großteil der laufenden Kredite von russischen Banken abgedeckt ist. Bisher hat Russland sein Nachbarland mehr oder weniger subventioniert. Es lieferte große Mengen von Rohöl unter Weltmarktpreisen, das Weißrussland nach einer Veredelung in heimischen Raffinerien zu Weltmarktpreisen weiterverkaufte.

Lange Zeit galt Lukaschenko als geschickter Taktiker. Durch gute Kontakte zur Europäischen Union schaffte er es, dass ein Großteil der gegen ihn und sein Land gerichteten Sanktionen aufgehoben wurde. Seit seinem „Putsch im Amt“ im Spätsommer 2020 ist es damit vorbei. Der Weißrusse, vor Jahren auch ein politischer Kontrahent Putins, verweigerte der Ukraine seine ursprüngliche Unterstützung und ist nun treuer Gefolgsmann des Kreml. Die Auswirkungen für sein krisengeschütteltes Land sind unübersehbar, Lukaschenko hat Weißrussland auf Gedeih und Verderb Moskau ausgeliefert. Die EU-Staaten haben in der vergangenen Woche neue Sanktionen gegen den russischen Verbündeten verhängt. Minsk sei „der andere Aggressor in diesem Krieg“, hieß es in einer Mitteilung. Für Lukaschenko wird die Luft zwangsläufig dünn, denn die russische Wirtschaft ächzt bereits jetzt unter dem Quasi-Embargo. Noch benötigt Russland Weißrussland für den Krieg in der Ukraine, doch schon bald könnte der kleine Nachbar zum Problem werden. Vor allem dann, wenn die russischen Banken zahlungsunfähig werden.