20.05.2024

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Folge 10-22 vom 11. März 2022 / Krieg in der Ukraine / Sorge vor Hungerunruhen / Viele Länder nicht zuletzt Arabiens sind von Weizenlieferungen der beiden Kriegsparteien abhängig

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-22 vom 11. März 2022

Krieg in der Ukraine
Sorge vor Hungerunruhen
Viele Länder nicht zuletzt Arabiens sind von Weizenlieferungen der beiden Kriegsparteien abhängig
Norman Hanert

Der Krieg in der Ukraine und die neuen Wirtschaftssanktionen gegen Russland stellen nicht nur ein Risiko für die globalen Finanzmärkte und die Energieversorgung vieler Länder dar. Inzwischen weisen Ökonomen, aber auch Entwicklungshilfeorganisationen darauf hin, dass sich derzeit ein giftiger Mix für die Weltwirtschaft zusammenbraut. Dabei spielt neben zunehmender Inflation und steigenden Energiepreisen auch die Knappheit von Lebensmitteln zunehmend eine Rolle.

Die Ukraine und Russland haben sich im Welthandel zu sehr wichtigen Agrarexporteuren entwickelt. Russland ist seit 2018 der weltgrößte Weizen-Exporteur, die Ukraine war auf dem besten Weg, der drittwichtigste Weizen-Anbieter zu werden. Bei Mais lag die Ukraine bislang auf Platz vier der größten Exporteure. Weltweit Spitzenreiter ist die ukrainische Landwirtschaft bei der Ausfuhr von Sonnenblumenöl. Bei Rapsöl liegt die Ukraine im internationalen Vergleich als Exporteur auf Rang zwei.

Derzeit ist der Export von Lebensmitteln aus der Ukraine allerdings weitgehend zum Erliegen gekommen. In den Schwarzmeerhäfen ist die Schiffsverladung komplett eingestellt worden. Udo Hemmerling vom Deutschen Bauernverband (DBV) gab gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland eine alarmierende Einschätzung zur aktuellen Lage der Landwirtschaft ab: „In der Ukraine scheint eine reguläre Frühjahrsbestellung der Äcker wegen des Krieges nicht mehr möglich. Landwirte gehen in den Militärdienst; ebenso werden Diesel und Traktoren dorthin abgegeben.“

Besonders schwer trifft es Importnationen, die von Weizeneinfuhren aus der Ukraine und Russland anhängig sind und deren Angehörige sich Preiserhöhungen kaum leisten können. Laut einer Zusammenstellung von Gallup Data für das Jahr 2019 ist die Türkei am stärksten von Weizenimporten aus der Ukraine und Russland abhängig. Das Land bezog 2019 insgesamt 75 Prozent seiner Weizenimporte von diesen beiden Agrarexporteuren. Im Fall der Türkei würden Preiserhöhungen oder gar ein Lieferstopp für Weizen eine ohnehin massiv inflationsgebeutelte Bevölkerung treffen. 

Erst vor Kurzem hat das nationale Statistikamt der Türkei bekannt gegeben, dass im Februar im Vergleich zum Vorjahresmonat die Inflation auf 54,4 Prozent gestiegen ist. Schon im vergangenen Jahr hatten bei einer Gallup-Umfrage 51 Prozent der befragten Türken angegeben, innerhalb der vorangegangenen zwölf Monate mindestens einmal finanziell nicht in der Lage gewesen zu sein, sich den Kauf von Lebensmittel leisten zu können. 

Auch Ägypten ist in den vergangenen Jahren stark von Weizeneinfuhren aus Russland und der Ukraine abhängig gewesen. Im Jahr 2019 machten diese Importe sieben Zehntel der Weizeneinfuhren aus. Aber auch für Staaten wie Nigeria, Kenia, Marokko, Tunesien, Thailand und Indonesien waren Weizenlieferungen aus den beiden nun kriegsführenden Ländern eine wichtige Größe. Lieferunterbrechungen könnten rasch auf die Ernährungslage der Bevölkerung und damit auf die politische Stabilität durchschlagen können.