20.05.2024

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Folge 10-22 vom 11. März 2022 / Ludwig Stollwerck / Ein Multitalent, das nicht nur Schokolade interessierte / Mit dem preußischen Unternehmer starb vor 100 Jahren ein Pionier auf dem Gebiet der Technik und der Werbung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-22 vom 11. März 2022

Ludwig Stollwerck
Ein Multitalent, das nicht nur Schokolade interessierte
Mit dem preußischen Unternehmer starb vor 100 Jahren ein Pionier auf dem Gebiet der Technik und der Werbung
Manuel Ruoff

Nach seiner Schulausbildung an der Volksschule und der hohen Bürgerschule absolvierte der am 22. Januar 1857 geborene Kölsche Jung Ludwig Stollwerck eine Ausbildung in dem von seinem Vater gegründeten Süßwarenunternehmen Franz Stollwerck & Söhne. Nach dem Tode des Vaters 1876 wurde dieses Unternehmen mit der von Ludwigs älteren Brüdern 1871 gegründeten Firma Gebr. Stollwerck zusammengelegt. 1881 wurde er Teilhaber.

Während seiner zahlreichen Aufenthalte im Ausland interessierten Ludwig Stollwerck insbesondere dessen Werbe- und Produktstrategien. Folgerichtig übernahm er im gemeinsamen Familienbetrieb die Werbung. Nach dem Tod seines ältesten Bruders Albert Nikolaus übernahm er 1883 den Vertrieb. 

Stollwerck war in seinem Metier. 1886 sah er in den USA die ersten Münzautomaten. Nach seiner Rückkehr entwickelte er mit einem Ingenieur und einem Metallbauer den Verkaufsautomaten „Merkur“. Weitere Modelle folgten. Für die Automaten-Produktion gründete er 1894 ein eigenes Unternehmen, die Deutsche Automatengesellschaft Stollwerck & Co. (DAG). Die Automaten wurden nicht nur für den Verkauf von Stollwerck-Schokolade eingesetzt, sondern auch für den von Fahrkarten, Parfüm und Toilettenpapier sowie Gerichten in Automatenrestaurants. So entstand mit den Automaten neben den Süßigkeiten ein zweites unternehmerisches Standbein.

Stollwercks Faible für technische Innovationen ließ ihn sich auch mit der noch jungen Filmtechnik beschäftigen. Er initiierte Filmaufnahmen und organisierte erst versuchsweise und dann gewerblich Filmvorführungen. In einem von der Deutschen Automatengesellschaft Stollwerck & Co. angemieteten Saal fand 1896 die erste kommerzielle Vorführung mit einem Kinematographen statt. „Ohne Risiko und fast ohne Arbeit“ glaubte er mit dem Film Geld verdienen zu können. 

Pionierarbeit in Deutschland leistete Stollwerck auch mit dem landesweit erstmaligen werblichen Einsatz des Emailschildes 1893 und des Zeppelins 1912. Aufsehen erregte er auch mit seinen Sammelbildern und -alben. Das 1904 herausgegebene Sammelalbum Nummer 7 gilt als das erste durchgehend mit Farbfotos versehene Buch in Deutschland.

Im Jahre 1902 wurde auf Stollwercks Betreiben hin das Familienunternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Die Familie übernahm die Stammaktien, auswärtige Investoren erhielten Vorzugsaktien. So kam das Unternehmen zu Geld, ohne dass die Familie die Führung aus der Hand geben musste. 

Das bedeutet aber nicht, dass Stollwerck auf fremden Sachverstand verzichtet hätte. So ernannte er erstmals in der Firmengeschichte Prokuristen. Ab 1914 war die Familie im Vorstand nicht mehr unter sich.

Gesundheitlich angeschlagen zog sich Stollwerck 1920 aus der Geschäftsleitung zurück. Zwei Jahre später, am 12. März 1922, starb er in seiner Geburtsstadt.