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Folge 10-22 vom 11. März 2022 / Der Wochenrückblick / Von wegen „aufgewacht“ / Wie sich die Welt der Phrasen gegen die Wirklichkeit stemmt, und was der Staat nicht können will

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-22 vom 11. März 2022

Der Wochenrückblick
Von wegen „aufgewacht“
Wie sich die Welt der Phrasen gegen die Wirklichkeit stemmt, und was der Staat nicht können will
Hans Heckel

Der Krieg hat uns wachgerüttelt, sagen jetzt alle. Aber stimmt das überhaupt? Wir bleiben skeptisch. Vergangene Woche hatten wir bereits Karl Lauterbach beim Weiterschlafen erwischt. Er döst in seinem Corona-Gehege und fürchtet sich vor allem davor, dass die Flüchtlinge nicht artig geimpft sein könnten. Hoffentlich erfährt keiner der aus Krieg und Chaos Entkommenen, was einem deutschen Minister Sorgen macht. 

Doch Lauterbach schnarcht nicht allein. Sein Kabinettskollege im Landwirtschaftsressort, Cem Özdemir, will sich ebenfalls nicht aus seiner wohligen Ruhe reißen lassen. 

Mit dem Ausfall der ukrainischen Weizenexporte droht in Teilen der Welt eine Hungersnot (siehe Seite 7). Aus der Agrarwirtschaft kommt daher die Forderung, energisch gegenzusteuern.

Und zwar so: Bislang bekommen Bauern in der EU nur Subventionen, wenn sie einen Teil ihrer Felder brachliegen lassen oder Öko-Landbau betreiben. Warum? Weil beides die Erträge drückt, was dann staatlicherseits ausgeglichen werden muss. Um nun den Ernteausfall, der durch den Krieg entsteht, auszugleichen, müsse in der EU so viel produziert werden, wie irgend geht, lautet der Vorschlag aus der Agrarbranche. Doch davon will Minister Özdemir nichts wissen: Es sei ein „Holzweg“, die besondere Förderung für umweltfreundliche Produktion zurückzudrehen. Heißt: Die Brachen sollen bleiben. „Aufgewacht“ hört sich das nicht an. Ernährungskrise? Wozu gibt’s Hungertücher?

Gut, der Mann ist Grüner. Pragmatismus und wirtschaftlichen Sachverstand haben wir da noch nie erwartet. Muss auch nicht sein, dafür haben wir in der Ampel schließlich die Liberalen. Dachten wir. 

Wir müssen umdenken: FDP-Chef Lindner will die Bedrohung unserer Energieversorgung mit noch mehr erneuerbarem Wackelstrom parieren, den er – wir haben uns nicht verhört! – „Freiheitsenergie“ nennt. Tiefer kann man eigentlich nicht drinstecken im wolkigen Denken der Vorkriegs-Bundesrepublik, wo jede hässliche Wirklichkeit mit einer pathetischen Phrase hinfortgesungen werden konnte.

Allerdings lässt sich die Wirklichkeit immer schlechter hinter den Phrasenwolken verstecken, wenn sie mit solcher Wucht ins Licht drängt, wie dies gerade der Fall ist. Das schmerzt besonders, wenn wir erkennen müssen, dass es zum Umkehren Richtung Realität bereits zu spät ist. 

Wie bei der Atomenergie. Die drei letzten Meiler, die Ende dieses Jahres vom Netz gehen, sollten lieber in Betrieb bleiben, hören wir aus mancher Ecke. Klingt gut, geht aber wohl nicht mehr: Die AKW hätten nur noch Brennstäbe für drei bis sechs zusätzliche Monate. Außerdem fehle es an qualifiziertem Personal, da von den bisherigen Kraftwerksmitarbeitern viele zum Ende der Laufzeit ihres Arbeitsplatzes in den Ruhestand gingen, heißt es von den Betreiberkonzernen. Neue Kräfte einzuweisen dauere bis zu einem Jahr, da die Einarbeitung bei jedem Meiler speziell sei und man nicht einfach jemanden von woanders versetzen könne. 

Wie wir es vermutet hatten: Angela Merkel hat in ihrer langen Amtszeit etliche Minen mit Zeitzünder vergraben, die uns erst nach ihrem Abschied aus dem Amt um die Ohren fliegen. Die abrupte Flucht aus der Kernenergie 2011 war so eine. Jetzt geht sie hoch. Mal sehen, was als nächstes explodiert.

Was noch wichtiger ist

Unterdessen hat sich auch „Fridays for Future“ in die Bewegung gegen den Ukraine-Krieg eingeklinkt. Was der Abwehrkampf der Ukrainer gegen die russischen Truppen mit Klimaschutz zu tun hat? Haben wir uns auch gefragt. Wir müssen aber bedenken: Schon die Corona-Geschichte hat „FfF“ über zwei Jahre fast gänzlich die Show gestohlen. Da wollte man wenigstens jetzt wieder dabei sein. Und das alte Erfolgsrezept funktioniert noch: Verlege die Demo in die Schulzeit und sorge dafür, dass dann alle, die kommen wollen, freibekommen. Und zwar nur die, die kommen wollen. 

Die Hamburger Schulbehörde etwa hat verfügt, dass für jene, die nicht zur „FfF“-Demo gingen, die Beschulung sichergestellt sein müsse. Für einen Schüler klingt das fast wie eine Drohung: Wenn du nicht mitmarschierst, gibt’s Mathe! So ehrlich die Empörung der Schüler über das Leid der Ukraine auch sein mag, die Mathe-Drohung hat der Demo-Beteiligung sicher nicht geschadet. 

Wenn das Grauen in der Ukraine ein hoffentlich baldiges Ende findet, können sich die „Kids“ wieder ihrem eigentlichen Steckenpferd widmen und die Welt vor warmem Wetter retten. Über einen neuen Fan sollten sie sich dann nicht wundern. Der schon genannte Christian Lindner hat deutlich gemacht, dass der Krieg auch seine Prioritäten nicht hat erschüttern können. Während wir noch über den Sonderfonds für die Bundeswehr von 100 Milliarden Euro staunten, versprach der Finanzminister vergangenen Sonntag in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“, dass er in den nächsten Jahren sogar die doppelte Summe für den „Klimaschutz“ lockermachen werde. 

Wo nehmen die nur das ganze Geld her? Steuererhöhungen will der Lindner ja nicht, also werden sie es „drucken“ müssen. Das erhöht zwar nicht die Steuern, lässt aber den Geldwert verfallen und schmilzt die Ersparnisse und Altersvorsorgen der Deutschen weg. Indes: Das mit dem Verzicht auf Steuererhöhungen ist ein bisschen geflunkert. 

Wenn der Geldwert abrutscht, steigen in der Regel die Nominallöhne, und die Leute rutschen ganz von selbst in höhere Steuertarife. Die Erfahrung lehrt, dass das immer nur zum Teil durch nominale Steuersenkungen ausgeglichen wird. Steuersenkungen, die real gar keine sind, weil sie ja nur die inflationsbedingte Steuererhöhung teilweise ausgleichen. So kann sich der Chef der Freien Demokraten als generöser Steuersenker feiern lassen, während er mithilfe der Inflation die realen Steuern in Wahrheit immer weiter anhebt. Politik will eben gelernt sein! Und auf „liberal“ machen erst recht.

Knifflig wird es für einen wie Lindner nur, wenn die Tricks nicht helfen und er gezwungenermaßen Klartext reden muss. Neulich in der „Bild“ haben sie ihn gefragt, ob man den Bürgern nicht etwas von der Last der explodierenden Energiepreise abnehmen könnte. Lindner sagte dazu in erfrischender Offenheit: „Der Staat kann das nicht auffangen. Es wird einen volkswirtschaftlichen Wohlstandsverlust geben. Man kann das übersetzen, dass wir alle ärmer werden.“

Der Staat, der 200 Milliarden für den „Klimaschutz“ aus dem Hut zaubert, kann da, wo es um die Bürger geht, „nichts“ auffangen, sondern gibt den Gerupften nur die Botschaft mit auf den Weg, dass sie eben „ärmer werden“. Derselbe Staat, der über happige Energiesteuern und überhaupt die höchsten Steuern und Abgaben der Welt kräftig mithilft beim Verarmen seiner Insassen. „Schaden vom deutschen Volke wenden und seinen Nutzen mehren“? Du mich auch, Christian.