20.05.2024

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Folge 11-22 vom 18. März 2022 / AfD / Ein Urteil des Kölner Verwaltungsgerichts mit Folgen / Was es für die Partei bedeutet, dass sie nun als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft wird

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-22 vom 18. März 2022

AfD
Ein Urteil des Kölner Verwaltungsgerichts mit Folgen
Was es für die Partei bedeutet, dass sie nun als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft wird
Peter Entinger

Wirklich überraschend kam das Urteil nicht, auch wenn sich der Vorsitzende der Alternative für Deutschland, Tino Chrupalla, nach der Verkündung verblüfft zeigte. Das Kölner Verwaltungsgericht hat in der vergangenen Woche dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) gestattet, die gesamte AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall einzustufen. 

Die AfD prüft derzeit, ob sie gegen das Urteil in Berufung geht. Möglicherweise zieht sich der Rechtsstreit bis vor das Bundesverfassungsgericht und damit über Jahre hin. Aber der Schaden ist bereits jetzt immens. So darf die Partei mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet und es dürfen sogenannte Vertrauens-Personen (V-Männer) eingeschleust werden. Für eine Partei, in der das gegenseitige Misstrauen Tradition hat, ist das ein echtes Problem. Aus der AfD heißt es, nach dem Urteil hätten sich Mitglieder bei der Bundesgeschäftsstelle gemeldet und die Sorge über ihre bürgerliche Existenz geäußert. 

Vor allem für Beamte und für Angestellte des öffentlichen Dienstes ist die Situation prekär. Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang schüchterte schon einmal ein: „Sie haben alle einen Eid auf die Verfassung abgelegt. Insofern ist eine Mitgliedschaft in der AfD durchaus kritisch zu sehen, und ich könnte mir vorstellen, dass es jetzt in zahlreichen Fällen Einzelfallprüfungen geben wird, ob diese Personen im Öffentlichen Dienst verbleiben können.“ 

Der Bundesvorstand der AfD ist derweil um Schadensbegrenzung bemüht, versuchte die Mitglieder in mehreren Rundschreiben zu beruhigen. In der Tat ist anders als in den 70er Jahren zu Zeiten des Radikalenerlasses die bloße Mitgliedschaft nicht ausreichend für dienstrechtliche Konsequenzen. Heute verlangen die Disziplinargerichte Belege für individuelles Fehlverhalten. Wer bloß zahlendes Mitglied ist, sich ansonsten aber still verhält, der hat eigentlich nichts zu befürchten. Doch die AfD muss sich die Frage stellen, wie sie solch „schlafende“ Mitglieder für einen Wahlkampf aktivieren will. 

Und ein weiteres Problem kommt auf die Partei zu. Sie hat überdurchschnittlich viele Jäger in ihren Reihen. Es kann für die Mitglieder künftig schwieriger werden, eine behördliche Waffenerlaubnis zu erhalten. Nach dem jüngst reformierten Waffengesetz muss vor der Erteilung einer solchen Erlaubnis stets beim Verfassungsschutz nachgefragt werden, ob gegen die Person etwas vorliegt.

Zwar sind die Fraktionen in Bund und Ländern von den behördlichen Überwachungsmaßnahmen ausgenommen – Abgeordnete und deren Mitglieder dürfen nicht als V-Leute angeworben werden –, aber Auswirkungen auf den parlamentarischen Alltag könnte das Urteil trotzdem haben, vor allem, weil die Partei im Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags sitzt. 

„Das kann aber so nicht bleiben. Wenn dieses Urteil letztinstanzlich bestätigt ist, ist das natürlich nicht möglich, dass eine Partei, die als Verdachtsfall eingestuft ist, Mitglied des Kontrollgremiums ist“, sagte deren Vorsitzender Roderich Kiesewetter (CDU).