20.05.2024

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Folge 11-22 vom 18. März 2022 / Verteidigung / Politiker fordert „Eisenkuppel“ für Berlin / Florian Hahn (CSU) schlägt Raketenabwehrsystem nach israelischem Vorbild vor

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-22 vom 18. März 2022

Verteidigung
Politiker fordert „Eisenkuppel“ für Berlin
Florian Hahn (CSU) schlägt Raketenabwehrsystem nach israelischem Vorbild vor
Norman Hanert

Der Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine treibt hierzulande Entwicklungen an, die vor wenigen Wochen noch als realitätsferne Gedankenspiele gegolten hätten. So hat der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Florian Hahn, nach israelischem Vorbild einen „Iron Dome“ (auf Deutsch: Eisenkuppel) gefordert, um die deutsche Hauptstadt vor russischen Raketen zu schützen. „Wir müssen uns in der Luftverteidigung neu aufstellen. Die russische Exklave Kaliningrad (Königsberg) platzt förmlich vor russischen konventionellen Raketen, die auf die NATO gerichtet sind“, so der CSU-Politiker.

Ob sich Berlin tatsächlich mit einem System nach dem israelischen Vorbild schützen lässt, ist fraglich. Aufgabe von Israels „Eisenkuppel“ ist es vor allem, relativ primitive Kurzstreckenraketen abzufangen, die von Gaza und dem Westjordanland abgeschossen werden. Bei den Raketen handelt es sich meist um Flugkörper, die von der militanten Palästinenserorganisation Hamas und der Miliz „Palästinensischer Islamischer Dschihad“ selbst gefertigt werden. Militärexperten gehen davon aus, dass die Produktionskosten der abgefeuerten Kurzstreckenraketen Marke Eigenbau bei wenigen hundert US-Dollar liegen.

Königsberg „platzt vor Raketen“

Auf der anderen Seite kostet die Abwehr der Raketenangriffe Israel viel Geld. Laut ZDF-Recherchen schlägt jede einzelne Abfangrakete mit etwa 50.000 US-Dollar zu Buche. Israels Militär verschießt bei den Angriffen aus dem Gaza-Gebiet und dem Westjordanland von den mobilen Anlagen teilweise mehrere Raketen gleichzeitig. Auch wegen der hohen Kosten des „Iron Dome“ arbeitet der staatliche Rüstungshersteller Rafael Advanced Defense Systems inzwischen an einem System, das anfliegende Kurzstreckenraketen per Laser ausschalten soll. 

Das neue, „Iron Beam“ getaufte Projekt soll allerdings nicht nur die Kosten senken. Israels „Iron Dome“-System hat in mehr als zehn Jahren zwar erfolgreich mehr als 2500 Geschosse abgefangen. Allerdings liegt die Erfolgsquote trotz regelmäßiger Verbesserungen des Systems nach Angaben des Herstellers Rafael bislang nur bei 90 Prozent. Bei der Vielzahl palästinensischer Angriffe schaffen es damit immer wieder Raketen, den Schutzschirm zu durchdringen.

Berlin müsste zudem nicht vor primitiven Kurzstreckenraketen geschützt werden, sondern vor hochentwickelten Flugkörpern der allerneuesten Generation. Bestätigt ist, dass die russischen Streitkräfte seit 2018 im nördlichen Ostpreußen Iskander-M-Raketen stationiert haben. Diese lassen sich auch atomar bestücken und haben nach offiziellen russischen Angaben eine Reichweite von knapp 480 Kilometern. Die unweit von Insterburg stationierten Raketen können damit Berlin in kürzester Zeit erreichen.

Russland hat inzwischen zudem eine ganz neue Generation von Hyperschallraketen entwickelt, die sich derzeit kaum abfangen lassen. Im Februar wurde beispielsweise berichtet, dass die russische Luftwaffe mehrere MiG-31K in die Region um Königsberg verlegt habe. Dieser Flugzeugtyp ist bislang der einzige, der die Hyperschallrakete „Kinschal“ (zu Deutsch: Dolch) tragen kann. Einmal abgefeuert, fliegt die „Kinschal“ auf ihr Ziel mit bis zu zehnfacher Schallgeschwindigkeit zu. U-Boot-gestützte Raketen der russischen Marine erreichen sogar bis zu 20-fache Schallgeschwindigkeit.

Deutsche „Patriot“ sind veraltet

Wie zahlreiche andere NATO-Armeen arbeitet die Bundeswehr in der Raketenabwehr bislang mit dem System „Patriot“ des US-Herstellers Raytheon. Allerdings gelten die „Patriot“-Systeme der Bundeswehr inzwischen als veraltet. Das Unternehmen hat angeboten, sein Produkt für die Bundeswehr zu erweitern und an neue Bedrohungslagen anzupassen. In Konkurrenz bemüht sich die Airbus-Tochter MBDA bereits seit Jahren, als Ersatz für „Patriot“ ein neues Taktisches Luftverteidigungssystem an die Bundeswehr zu liefern. Nachdem der Haushaltsausschuss des Bundestages 2020 für das Projekt lediglich einen geringen Sockelbetrag vorgesehen hatte, galt das Vorhaben jedoch erst einmal als gescheitert.

Mit der Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz, für die Bundeswehr ein „Sondervermögen“ in Höhe von 100 Milliarden Euro bereitzustellen, könnten die Chancen für die MBDA, mit ihrem Angebot zum Zuge zu kommen, wieder gestiegen sein. Tatsächlich warnen Militärexperten, dass die Bundeswehr in der Luft- und Raketenabwehr mittlerweile ein erhebliches Problem habe.

Wie das Beispiel von Israels „Eisenkuppel“ zeigt, würde eine Modernisierung des Abwehrsystems die Gefahr von Raketenangriffen zwar verringern, aber nicht völlig ausschalten können. Im Fall der deutschen Metropole würde bereits eine einzige atomar bestückte Rakete, die den Schutzschirm durchdringt, ausreichen, um die Stadt komplett auszulöschen.