20.05.2024

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Folge 11-22 vom 18. März 2022 / Königsberg / Ein neuer „Korsar“ verkehrt auf der Linie 5 / Neue Straßenbahnen in der Pregelmetropole – Die Idee, auf Busse im Zentrum ganz zu verzichten, stößt auf Widerstand

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-22 vom 18. März 2022

Königsberg
Ein neuer „Korsar“ verkehrt auf der Linie 5
Neue Straßenbahnen in der Pregelmetropole – Die Idee, auf Busse im Zentrum ganz zu verzichten, stößt auf Widerstand
Jurij Tschernyschew

In der ersten Februarhälfte sind auf der Linie 5 in Königsberg die neuen Straßenbahnen vom Typ „Korsar“ in Betrieb genommen worden. Die Straßenbahnen, die in Twer für das Königsberger Gebiet gebaut werden, kamen mit der Fähre von Ust-Luga nach Pillau und wurden dann nach Königsberg transportiert.

Der Anschaffungspreis für eine Straßenbahn beträgt umgerechnet fast 1,3 Millionen Euro. Insgesamt 16 von ihnen sind nun auf Königsbergs Straßen im Einsatz. Es sind die teuersten und modernsten Straßenbahnen der Russischen Föderation. Im Vergleich zu den alten Straßenbahnen gleiten die neuen „Korsaren“ sanft und leise über die Gleise. Die alten Straßenbahnen sind mehr als dreißig Jahre alt und wurden noch in der Tschechoslowakei hergestellt. Sie waren einfach und robust, aber ihre Ausstattung und ihr Komfort entsprachen schon lange nicht mehr den modernen Anforderungen.

Das Design der neuen Straßenbahn, sowohl außen als auch innen, entspricht den Erwartungen an ein modernes Verkehrsmittel, wie es auf den Straßen europäischer Städte zu finden ist. Hier finden die Fahrgäste eine Klimaanlage, eine Wettervorhersage, W-LAN und Steckdosen für ihre mobilen Geräte. Die Straßenbahn hat eine Gesamtkapazität von 122 Fahrgästen.

Angesichts der Einführung moderner Verkehrsmittel in Königsberg wurde in der Stadtverwaltung die Idee diskutiert, den Busverkehr im Stadtzentrum vollständig durch die umweltfreundlichen Straßenbahnen zu ersetzen. Das wäre eine Kehrtwende um 180 Grad, denn die Stadtverwaltung hat das Straßenbahnnetz in den letzten Jahren konsequent abgebaut und die Züge zu einem überflüssigen Verkehrsmittel erklärt.

Um die Straßenbahn populärer zu machen, wollen Experten der städtischen Verkehrsbetriebe das Verkehrskonzept ändern und die Zahl der Busse im Zentrum reduzieren, um so die Schadstoffemissionen in der Stadt zu senken. In der Praxis dürfte dies bedeuten, dass ein Teil der Busse in ihren eigenen Stadtvierteln nur bis zur Anschlusshaltestelle der Straßenbahn verkehren, ohne ins Stadtzentrum zu fahren. Nach Ansicht von Experten würde dies dazu beitragen, die Zahl der Busse im Linienverkehr zu verringern. 

Solche Ideen zur Optimierung des Verkehrslebens haben jedoch bereits eine heftige Ablehnung bei den Einwohnern der Stadt hervorgerufen. Und das ist keineswegs überraschend. Die Einführung des neuen Verkehrssystems würde zu einer großen Anzahl von Umsteigevorgängen und einer Verlängerung der Gesamtfahrzeit führen.

In Königsberg kreuzen sich nämlich die meisten Straßenbahngleise mit Straßen. Und da es in der Stadt täglich zu Unfällen kommt, die den Straßenbahnverkehr für längere Zeit lahmlegen, befürchten die Anwohner, dass dies zu einem Verkehrskollaps im Stadtzentrum führen wird. Und wenn es keine Busse mehr gäbe, müssten die Fahrgäste zu Fuß weitergehen.

Die Stadtverwaltung stellte daraufhin  klar, dass alle Vorschläge vorläufiger Natur und keine „Umwälzungen“ im Königsberger Linienverkehr geplant seien.