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Folge 11-22 vom 18. März 2022 / Luftfahrt / Fliegen wird weiblicher / Im PAZ-Gespräch schildert eine Flugkapitänin, wie sie ihren Traumberuf gegen die Männerkonkurrenz verwirklichen konnte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-22 vom 18. März 2022

Luftfahrt
Fliegen wird weiblicher
Im PAZ-Gespräch schildert eine Flugkapitänin, wie sie ihren Traumberuf gegen die Männerkonkurrenz verwirklichen konnte
Silvia Friedrich

Pilotin Susanne Erdmann ist ein sogenannter Fleetcaptain der Airbus-A320-Flotte von Lufthansa in Frankfurt am Main. Neben dieser Führungsposition ist sie auch als Flugkapitänin unterwegs im europäischen Streckennetz. PAZ-Autorin Silvia Friedrich sprach mit ihr über die Herausforderungen an Frauen für diesen Beruf.

PAZ: Wollten Sie schon als Kind Pilotin werden?

Erdmann: Ja, ich war schon als Kind von der Fliegerei begeistert und habe im Alter von 15 Jahren mit dem Segelfliegen begonnen. Danach war für mich klar, dass ich auch beruflich fliegen möchte. Durch Zufall lernte mein Vater einen Lufthansa-Flugkapitän kennen und dieser bot an, mich einmal auf einem seiner Flüge mitzunehmen. Zu der Zeit war ein Mitflug im Cockpit noch möglich. Ich weiß noch genau, wie ich mit glänzenden Augen dort auf dem Klappsitz saß und mir dachte, das ist ja noch viel besser, als du es dir vorgestellt hast. Nach Beendigung meiner Ausbildung sind wir dann auch tatsächlich zusammen im Cockpit geflogen, er als Kapitän und ich als Erster Offizier.

Welches war Ihr Lieblingsfach in der Schule, und hatte das bereits mit Ihrer jetzigen Arbeit zu tun?

Am meisten Spaß haben mir die Sprachen gemacht: Englisch und Französisch. Da unsere gesamte Literatur in der Fliegerei auf Englisch ist, war der Englisch-Leistungskurs eine gute Wahl. Ein gesundes Interesse an Naturwissenschaften sollte man auch auf jeden Fall mitbringen.

Warum sollten gerade Mädchen diesen Beruf ergreifen?

Die ersten Pilotinnen bei der Lufthansa gab es im Jahr 1988. Heute sind wir bei einem durchschnittlichen Damenanteil von etwa 7,4 Prozent, und wir freuen uns sehr über weiteren weiblichen Nachwuchs für die Cockpits. Es ist ein spannender, fordernder Beruf, der eine tolle Kombination aus Technik und Zusammenarbeit mit Menschen bietet. Bei der Arbeit verbringt man einen großen Teil seines Lebens, und es ist ein Privileg, einen Beruf ausüben zu dürfen, der auch noch Spaß macht und bei dem man die große weite Welt bereisen kann.

Welchen Rat würden Sie Mädchen diesbezüglich geben?

Die eigenen Ziele konsequent verfolgen und sich nicht beirren lassen. 

Wie ist der typische Ausbildungsweg, um Pilotin und Flugkapitänin zu werden?

Nach dem Abitur habe ich mich direkt bei Lufthansa beworben, und nach bestandenem Aufnahmetest erfolgte die Ausbildung an der Lufthansa-Flugschule.

Gab oder gibt es Probleme, wenn man als Frau in dieser ehemaligen Männerdomäne arbeitet?

Die ersten Damen in den Cockpits hatten sicherlich einige Herausforderungen zu meistern. Manchmal staunt heute noch der eine oder andere Passagier, wenn eine weibliche Stimme aus dem Cockpit klingt. Wir sind aber sicherlich auf einem guten Weg Richtung Normalität, und es ist toll, dass Frauen heutzutage auch Berufe ausüben können, von denen unsere Großmütter nur träumen konnten.

Was macht Ihren Beruf zu einem wahren Traumjob?

Mindestens einmal am Tag die Sonne zu sehen. Besonders toll ist der Start auf einem nebelverhangenen, regnerischen Flughafen: in wenigen Sekunden die Wolkendecke zu durchfliegen und in helles Sonnenlicht zu tauchen.

Was macht in der Fliegerei am meisten Spaß?

Das Fliegen selbst und die Zusammenarbeit mit den Kollegen am Boden und in der Luft, denn es gehören einige Menschen dazu, so ein Flugzeug überhaupt in die Luft zu bringen: von den Technikern, die das Flugzeug warten, den Tankern, die das Flugzeug mit Kerosin betanken, dem Beladepersonal, welches die Koffer und die Fracht korrekt einlädt, bis hin zu den Kollegen in der Kabine, die sich um die Gäste kümmern, und nicht zuletzt den Lotsen der Flugverkehrskontrolle, die uns auf den Radarschirmen überwachen und dafür sorgen, dass wir immer sicher ans Ziel kommen.

Wie schafft man es, bei Nachtflügen wach zu bleiben?

Am besten versucht man, davor etwas zu schlafen, was leider nicht immer gelingt. Während des Fluges hilft dann ein nettes Gespräch mit den Kollegen, die unten vorbeiziehende Landschaft zu betrachten. Und manchmal gibt es auch etwas Besonderes, wie Polarlichter oder Sternschnuppen zu bestaunen.

Haben Sie ein Lieblingsflugzeug, und wenn ja, warum gerade dieses?

Die Boeing 747 oder auch Jumbo genannt. Es ist eines der größten Flugzeuge mit einem Startgewicht von rund 400 Tonnen. Schauen Sie sich doch mal den Start eines Jumbos an. Wenn er auf der Startbahn steht und langsam anfängt zu beschleunigen mit hängenden Tragflächen voller Kerosin und dann immer schneller und schneller wird, die Flächen biegen sich immer weiter nach oben, bis er schließlich mit durchgebogenen Tragflächen vom Boden abhebt und in die Lüfte steigt, das sieht einfach majestätisch aus.

Wie haben Sie den Lockdown erlebt, als der Passagierflugverkehr fast zum Erliegen kam?

Die Pandemie hat in der weltweiten Luftfahrt eine große Krise ausgelöst. Ich war insofern etwas abgelenkt, als ich mit Beginn der Pandemie einen kleinen Sohn bekommen habe und mich zu Hause um ihn kümmern konnte, bevor ich Anfang vergangenen Jahres wieder in die Fliegerei zurückgekehrt bin. Nach so einer langen Abwesenheit heißt es erst einmal, wieder viel Theorie zu lernen und einige Simulatorstunden zu absolvieren, bevor es wieder zurück ins Flugzeug geht.

Was raten Sie Menschen, die Flugangst haben?

Jeder hat einmal vor etwas Angst, und das ist auch gar nicht schlimm. Der eine geht nicht gern zum Zahnarzt und der nächste reist nicht immer gern mit einem Flugzeug. Am besten beim Einsteigen gleich bei der Besatzung melden und um Unterstützung bitten. Am Boden erklärt die Crew auch gern das eine oder andere.

Hatten Sie selbst schon einmal Angst beim Fliegen?

Nein, unsere Flugzeuge werden exzellent gewartet, und wir werden sehr gut ausgebildet und trainiert, sodass jeder vollstes Vertrauen haben darf, der zu uns ins Flugzeug steigt.

Gibt es Traum-Orte, wo Sie selbst gerne noch einmal hinfliegen möchten?

Auf die Malediven. Bereits im Sinkflug kann man die vielen kleinen Inseln mit Palmen und weißem Sandstrand bewundern, ein echtes Traumziel.