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Folge 12-22 vom 25. März 2022 / Ukraine / Chinas Brückenkopf in Europa / Seit 2019 ist das Reich der Mitte der größte Handelspartner des osteuropäischen Landes

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-22 vom 25. März 2022

Ukraine
Chinas Brückenkopf in Europa
Seit 2019 ist das Reich der Mitte der größte Handelspartner des osteuropäischen Landes
Wolfgang Kaufmann

China dürfte den russischen Einmarsch in die Ukraine mit größtem Argwohn verfolgen, denn das osteuropäische Land ist ein wichtiger Brückenkopf und Kooperationspartner des Reiches der Mitte auf dem europäischen Kontinent. Durch seine Kontakte zu Kiew gelangte Peking nach dem Zerfall der Sowjetunion in den Besitz sowjetischen Kriegsgerätes. So stammte Chinas erster Flugzeugträger „Liaoning“, die vormalige „Warjag“, aus der Ukraine. Letztere exportierte ab 1991 mehr als 30 Arten hochwertiger Militärtechnik nach China, darunter weitere große Marinesysteme, Transportflugzeuge, Düsen- und Raketentriebwerke, Panzermotoren sowie Luft-Luft-Raketen. Peking wurde dadurch zum größten ausländischen Kunden der ukrainischen Wehrindustrie.

Doch beschränkte sich die Zusammenarbeit nicht nur auf Waffenhandel. Im Jahr 2000 unterzeichneten die Volksrepublik und die Ukraine erste zivile Kooperationsabkommen. Dem folgte 2011 die Ankündigung „strategischer Partnerschaften“ auf den Gebieten Wirtschaft und Handel, Luft- und Raumfahrt, Wissenschaft und Technologie, Kultur, Bildung sowie Gesundheit. Außerdem trat die Ukraine 2017 der chinesischen Belt-and-Road-Initiative bei, welche die Schaffung einer „Neuen Seidenstraße“ zum Ziel hat.

Aus der wirtschaftlichen Annäherung resultierte die Vergabe zahlreicher Aufträge an chinesische Firmen. 2016 baute der Staatskonzern China Oil and Foodstuffs Corporation (COFCO) ein Getreide- und Öl-Terminal im Hafen von Mykolajiw. 2017 wurde vereinbart, dass die China Pacific Construction Group (CPCG) die Erweiterung der U-Bahn in Kiew übernimmt. 2020 ermächtigte die ukrainische Führung den Telekommunikationsriesen Huawei, sowohl die Cyberabwehr als auch die Cybersicherheit im Lande zu verbessern. Im Jahr darauf erging der Auftrag an die China Longyuan Power Group, einen Windpark in der Schwarzmeerstadt Juschne zu errichten.

Seit 2019 ist China der größte Handelspartner der Ukraine und verdrängte Russland auf Platz 2. 2021 betrug das Handelsvolumen zwischen Peking und Kiew 18,98 Milliarden US-Dollar. Das ist eine Steigerung um 80 Prozent seit 2013.

Das Reich der Mitte entwickelte sich in den letzten Jahren zum größten Importeur ukrainischer Gerste. Ein Drittel der chinesischen Mais-Einfuhren in den Jahren 2020 und 2021 stammte aus dem osteuropäischen Land. Weiterhin bezieht China erhebliche Mengen von Sonnenblumenöl und Eisenerz aus der Ukraine. Im Gegenzug werden vor allem Konsumgüter und Maschinen geliefert.

Peking dürfte also sehr an stabilen Verhältnissen in der Ukraine interessiert sein. Zum einen, damit es weiterhin dringend benötigte Güter erhält, zum anderen, weil die Realisierung der „Neuen Seidenstraße“ sonst zu stocken droht. Verzögerungen könnten nicht nur aus den aktuellen Kriegshandlungen, sondern auch aus einem Regierungswechsel in 

Kiew resultieren, denn dann stünden wohl Neuverhandlungen über begonnene Infrastrukturprojekte oder Kündigungen von Aufträgen an.