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Folge 12-22 vom 25. März 2022 / Falklandkrieg / Von der Geschichte eingeholt / Mitten im Kalten Krieg führte vor 40 Jahren die Nuklearmacht Großbritannien gegen einen anderen westlichen Staat einen Kolonial- und Kabinettskrieg um ein „paar eisige Felsen“

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-22 vom 25. März 2022

Falklandkrieg
Von der Geschichte eingeholt
Mitten im Kalten Krieg führte vor 40 Jahren die Nuklearmacht Großbritannien gegen einen anderen westlichen Staat einen Kolonial- und Kabinettskrieg um ein „paar eisige Felsen“
Wolfgang Kaufmann und Manuel Ruoff

Wir sind heute in einer anderen Welt aufgewacht.“ Mit diesen Worten kommentierte die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock den Beginn des aktuellen russisch-ukrainischen Krieges. Dass mit Russland und der Ukraine zwei große europäische Staaten gegeneinander offen Krieg führen, erschreckt viele. Das hatte es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben und wirkt deshalb auf viele Deutsche und Europäer ziemlich anachronistisch.

Mit einem Anachronismus konfrontiert glaubten sich auch viele Deutsche und Europäer, als vor 40 Jahren der Falklandkrieg ausbrach. Kolonialkriege, wie ihn das NATO- und EU-Mitglied Großbritannien damals gegen Argentinien führte, wähnten viele seit der Phase der Entkolonialisierung überwunden. Ähnlich überraschend war, dass mitten im Kalten Krieg, in dem sich viele nur einen Dritten Weltkrieg oder Stellvertreterkriege zwischen den Blöcken vorstellen konnten, eine Atommacht der westlichen Welt einen konventionellen Kabinettskrieg gegen einen anderen der westlichen Welt zuzuordnenden Staat führte. 

Das irritierte und verblüffte nicht nur den damaligen Führer der westlichen Welt und Präsidenten der USA Ronald Reagan. Möglich war dieser Krieg wohl auch nur deshalb, weil weder die argentinische noch die britische Regierung sich hatte vorstellen können, dass die jeweils andere Seite wegen ein „paar eisiger Felsen“, wie Reagan das Streitobjekt ebenso plastisch wie geringschätzig nannte, zu militärischer Gewalt greifen würde – und beide es trotzdem taten, um von innenpolitischen Schwierigkeiten abzulenken. 

Am 2. April 1982 begann die argentinische Eroberung der vor Argentiniens Küste liegenden Inselgruppe mit der Anlandung von Truppen bei Port Stanley, der einzigen Stadt auf den Falklandinseln sowie deren Hauptstadt und Regierungssitz. Schnell überrumpelten die bis zu 5000 Argentinier die überraschte, keine 80 Mann starke Royal-Marines-Einheit.

Die britische Royal Navy reagierte schnell. Innerhalb weniger Tage stellten die Engländer um ihre beiden Flugzeugträger „Invincible“ und „Hermes“ herum einen Flottenverband zusammen. Am 5. April verließ eine Expeditionsflotte Großbritannien, der ungefähr die Hälfte der Royal Navy angehörte. Vor ihr lagen rund 13.000 Kilometer. Bei der Überwindung der großen Strecke zu den Falklandinseln half den Briten, dass die US-Amerikaner ihnen den US-Stützpunkt auf der etwa auf halbem Wege zwischen Afrika und Südamerika gelegenen britischen Insel Ascension zur Verfügung stellten.

Versenkung der „General Belgrano“

Nachdem die Expeditionsflotte ihr Ziel erreicht hatte, kam es vor der Küste Argentiniens zu Kämpfen mit den argentinischen See- und Luftstreitkräften. Der schwerste Schlag für Argentinien war die Versenkung des Kreuzers „General Belgrano“ durch das britische Atom-U-Boot „Conqueror“. Dabei kamen am 2. Mai 1982 323 argentinische Seeleute ums Leben, zu einem großen Teil frisch eingezogene Kadetten. Diese Versenkung hatte für die britische Seite sowohl einen politischen als auch einen militärischen Vorteil. Zum einen brauchte die britische Regierungschefin, Margaret Thatcher, nun keinen Verständigungsfrieden unter Beteiligung dritter mehr zu fürchten. Zu sehr zürnte die argentinische Volksseele ob der vielen von den Briten getöteten Heranwachsenden. Zum anderen traute sich die zahlenmäßig unterlegene argentinische Flotte nun nicht mehr aus ihren Häfen. 

Auf Seiten Argentiniens wurde der Krieg nun vornehmlich von den Luftstreitkräften geführt. Anders als bei den Schiffen waren die Briten den Argentiniern bei den Flugzeugen zumindest zahlenmäßig unterlegen, da der britischen Expeditionsflotte fast nur die um einige Maschinen der Royal Air Force aufgestockten Trägermaschinen der beiden Flugzeugträger zur Verfügung standen. So gelangen den argentinischen Piloten einige aufsehenerregende Luftangriffe. Außer mit vergleichsweise einfachen Freifallbomben und ungelenkten Raketen griffen diese die britischen Schiffe auch mit Luft-Schiff-Raketen des Typs Exocet an. Diesen Flugkörpern aus französischer Produktion, die von ebenfalls aus Frankreich importierten Mehrzweckkampfflugzeugen vom Typ Dassault Super Étendard zum Einsatz gebracht wurden, standen die Briten ziemlich rat- und wehrlos gegenüber. „Die Russen haben keine Exocet“, versuchte ein hoher Offizier der Royal Navy diese relative Rat- und Wehrlosigkeit zu entschuldigen. 

Untergang der „Sheffield“

Zwei Tage nach dem Untergang der „General Belgrano“ gelang es den Argentiniern, in einem Vergeltungsangriff den Zerstörer „Sheffield“ so verheerend in Brand zu schießen, dass er acht Tage später sank. Diesem wohl spektakulärsten Erfolg der argentinischen Flieger folgten weitere, doch waren es nicht genügend, um kriegsentscheidend zu werden. Abgesehen davon, dass es den Luftwaffenpiloten an Erfahrung und Ausrüstung zum Einsatz auf hoher See mangelte, war der Weg von den Flugplätzen zur britischen Flotte derart lang und die Reichweite der Flugzeuge derart kurz, dass nur wenig Zeit für die Bekämpfung des Gegners blieb.

Am 21. Mai wagten die Briten die Landung an der Westküste der Hauptinsel Ostfalkland. Da die argentinischen Truppen einen direkten Angriff auf die Hauptstadt Port Stanley auf der anderen Seite der Insel erwartet hatten und die argentinischen Luftangriffe sich auf die britische Flotte konzentrierten, ging die Landung vergleichsweise ungestört vonstatten. Die britischen Landungstruppen waren den rund 15.000 argentinischen Verteidigern zwar zahlenmäßig unterlegen, doch stand hier eine gut motivierte und trainierte Berufsarmee mit der technischen Ausrüstung eines wohlhabenden Industriestaates einer vergleichsweise schlecht ausgerüsteten und mangelhaft verpflegten Truppe aus unerfahrenen Wehrpflichtigen gegenüber. Die Elitetruppen hatten die argentinischen Entscheidungsträger dem Schutz der Grenze zum vermeintlichen Erbfeind Chile vorbehalten.

Am Abend des 14. Juni unterzeichnete der Oberbefehlshaber der argentinischen Truppen auf der Inselgruppe, Brigadegeneral Mario Menéndez, einen Waffenstillstand, der faktisch einer Kapitulation gleichkam. Unmittelbar darauf stammelte der argentinische Präsident, General Leopoldo Galtieri, sichtlich angetrunken vor laufenden Fernsehkameras, dass der Krieg verloren sei. Sechs Tage später erklärte die britische Regierung einseitig die Feindseligkeiten für beendet. Es sollte dann noch über sieben Jahre dauern, bis die beiden Konfliktparteien gemeinsam den Krieg offiziell für beendet erklärten.