20.05.2024

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Folge 13-22 vom 01. April 2022 / Flüchtlingsstrom II / Die Schattenseiten der Großzügigkeit / EU-Massenzustromregelung stellt auch Berlin und Brandenburg vor große Probleme

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-22 vom 01. April 2022

Flüchtlingsstrom II
Die Schattenseiten der Großzügigkeit
EU-Massenzustromregelung stellt auch Berlin und Brandenburg vor große Probleme
Hermann Müller

Für die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine greifen die Innenminister der EU-Länder erstmals auf die sogenannte Massenzustrom-Richtlinie zurück, was auch im Raum Berlin Folgen zeitigt. Diese soll Flüchtlingen eine schnelle und unbürokratische Aufnahme ermöglichen. Geschaffen hat die EU die Regelung bereits im Jahr 2001 als Konsequenz der Kriege im früheren Jugoslawien. 

Die Flüchtlinge aus der Ukraine erhalten auf der Grundlage der Regelung auf dem gesamten Gebiet der EU zunächst für ein Jahr ein Aufenthaltsrecht, ohne dass sie dafür einen Asylantrag stellen müssen. Zugleich sichern alle EU-Länder den Kriegsflüchtlingen auch gemeinsame Mindeststandards zu, etwa den Zugang zu Sozialhilfe und zu einer Arbeitserlaubnis. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nannten die Aktivierung der Massenzustromrichtlinie eine „historische Entscheidung“.

Nachdem die Regelung nun seit einigen Wochen angewendet wird, zeigen sich allerdings auch die problematischen Seiten der unbürokratischen Lösung. Mit der automatischen Zusicherung eines Aufenthaltsrechts entfällt für die ukrainischen Flüchtlinge beispielsweise die Verpflichtung, sich nach der Einreise in die EU registrieren zu lassen.

Als Folge liegen den Behörden bislang keine verlässlichen Angaben vor, wie viele Menschen über die Massenzustromlinie nach Deutschland gekommen sind, ohne sich bei den Behörden zu melden. Polens Grenzschützer haben seit Beginn des russischen Einmarschs am 24. Februar 2,3 Millionen Menschen gezählt, die aus Richtung Ukraine in Polen eingereist sind.

Offizielle Angaben, wie viele der Kriegsflüchtlinge in Polen geblieben und wie viele in andere EU-Staaten weitergereist sind, liegen den Behörden allerdings nicht vor. Trotz der besonderen Lage verzichtet die deutsche Bundespolizei bislang darauf, an Oder und Neiße lückenlose Einreisekontrollen durchzuführen. Ministerin Faeser lehnt bislang sogar die Registrierung aller Flüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland ab. Auch die Warnungen von Unionspolitikern vor einer Sicherheitslücke wies die SPD-Politikerin  zurück.

Seltene Einigkeit im Landtag

Gegenüber dem „Tagesspiegel“ erwiderte sie stattdessen: „Wir reden vor allem von Kindern und Frauen, die tagelang auf der Flucht sind, die in der Kälte an der polnischen Grenze ausharren mussten.“ Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) spricht sich für eine unbürokratische und schnelle Hilfe für die ukrainischen Kriegsflüchtlinge aus. Gleichzeitig warnt er aber dessen ungeachtet: „Wir müssen wissen, wer zu uns kommt, und vermeiden, dass Schleuser, Menschenhändler, die organisierte Kriminalität oder andere Straftäter die Situation für ihre Zwecke ausnutzen.“ In ungewöhnlicher Einigkeit haben sich auch alle Fraktionen des brandenburgischen Landtags für eine schnelle Registrierung der Flüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland ausgesprochen.

Grünen-Fraktionschefin Petra Budke sagte, dies sei Voraussetzung für den Bezug von Leistungen und müsse daher möglichst schon direkt nach der Einreise erfolgen. Die Abgeordnete Lena Kotré, Rechtsexpertin der märkischen AfD-Landtagsfraktion, forderte darüber hinaus „eine durchgehende Sicherung der deutsch-polnischen Grenze gegen illegale Einwanderer“.