20.05.2024

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Folge 13-22 vom 01. April 2022 / Brandenburg / Verwaltungsgericht in Cottbus stoppt Tagebau Jänschwalde / Erlaubnis zum Braunkohleabbau nur noch bis zum 15. Mai. Kohleversorgung des Kraftwerks Jänschwalde noch ungeklärt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-22 vom 01. April 2022

Brandenburg
Verwaltungsgericht in Cottbus stoppt Tagebau Jänschwalde
Erlaubnis zum Braunkohleabbau nur noch bis zum 15. Mai. Kohleversorgung des Kraftwerks Jänschwalde noch ungeklärt
Norman Hanert

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und die Bundesregierung senden zum Thema Kraftwerksabschaltungen derzeit sehr unterschiedliche Signale. Im Widerspruch zum mühsam ausgehandelten „Kohle-Kompromiss“ der Vorgängerregierung hält das Ampel-Bündnis noch immer an einem vorgezogenen Aus für die Kohleverstromung bis 2030 fest. Um die Stromversorgung zu sichern und den Gasverbrauch kurzfristig zu verringern, haben SPD, Grüne und FDP allerdings unlängst auch beschlossen, die endgültige Stilllegung von weiteren Kohlekraftwerken zunächst einmal auszusetzen. Angesichts des russischen Angriffs auf die 

Ukraine müsse gewährleistet sein, dass Kohlekraftwerke als Back-up zur Verfügung stünden, so das Bundeswirtschaftsministerium in einem Papier, das am 10. März veröffentlicht wurde.

Bestätigt fühlen kann sich mit dieser Entscheidung Habecks der brandenburgische Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD). Er hatte sich insbesondere dafür stark gemacht, in der Lausitz die endgültige Stilllegung von zwei Blöcken des Braunkohlekraftwerks Jänschwalde zu verschieben. Im Kraftwerk nordöstlich von Cottbus stehen schon jetzt zwei der sechs Blöcke nur noch in Bereitschaft. Laut Kohleausstiegsgesetz sollte der erste Block dieser Notfallreserven im Oktober endgültig stillgelegt werden.

Klage zweier Umweltverbände

Die erfolgreiche Klage zweier Umweltverbände könnte die Pläne zur Verlängerung dieser Sicherheitsreserve ein Stück komplizierter und teurer machen. Das Cottbusser Verwaltungsgericht hat einem Eilantrag der Deutschen Umwelthilfe und der Grünen Liga stattgegeben und angeordnet, dass der Betreiber LEAG mit Wirkung zum 15. Mai den Tagebau Jänschwalde in der Lausitz anhalten muss. Beide Umweltverbände hatten moniert, am Tagebau werde mehr Grundwasser gehoben, als es der Hauptbetriebsplan und eine dazugehörende wasserrechtliche Erlaubnis zuließen. Auswirkungen hat die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht nur auf den Tagebau, sondern auch auf das Kraftwerk Jänschwalde. Mit seinen sechs 500-Megawatt-Blöcken, von denen zwei in Sicherheitsbereitschaft gehaltenen werden, handelt es sich um Deutschlands drittgrößtes Kraftwerk.

„Wir“, so der LEAG-Bergbauvorstand Phillipp Nellessen, „bedauern diese Gerichtsentscheidung zum Tagebau Jänschwalde, die aus unserer Sicht weitreichende Folgen sowohl für die aktuell bereits vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs in Frage gestellte Versorgungssicherheit mit Strom und Wärme hat als auch gravierende Auswirkungen für die Natur und die Strukturentwicklung in der Region um den Tagebau mit sich bringt.“ 

Der LEAG-Betriebsrat schlug in dieselbe Kerbe. Er wies darauf hin, dass mit dem Ukrainekrieg das Thema Energieversorgung in Deutschland eine andere Dimension bekommen habe: „Wer jetzt die Kohleförderung in Jänschwalde zum Erliegen bringt, der reduziert die gesichert verfügbare Menge an heimischer Braunkohle und damit auch an gesicherter Stromerzeugung.“ 

Die LEAG prüft inzwischen eine Beschwerde. Auch das Landesbergamt als Genehmigungsbehörde kündigte eine Prüfung an. Wie Brandenburgs Wirtschaftsminister inzwischen einräumte, liegt in Sachen Wasserförderung das Verschulden nicht einmal bei dem Energieversorger. „Den Fehler müssen wir an dieser Stelle zugeben“, so der Minister. Laut Steinbach war behördlicherseits offenbar versäumt worden, die wasserrechtliche Erlaubnis entsprechend dem genehmigten Ausbau des Tagebaus anzupassen.

Versäumnis der Behörde

Der Wirtschaftsminister wies zudem darauf hin, dass der Begriff „Wasserverbrauch“ im Zusammenhang mit dem Tagebau einen falschen Eindruck erwecken könne. Zwar wird für den Tagebaubetrieb Grundwasser entnommen, dieses wird aber dem Oberflächenwasser auch wieder zugeführt. Eine Einstellung des Tagebaubetriebs wird an diesem Wasserkreislauf nichts ändern. Wie die LEAG mitteilte, muss das Abpumpen von Grundwasser wegen der geotechnischen Sicherheit nämlich nach dem 15. Mai unvermindert weitergehen.

Der Energieversorger muss mit zusätzlichen finanziellen Belastungen rechnen, wenn er für das Kraftwerk Jänschwalde künftig Kohle aus weiter entfernten Tagebauen heranschaffen muss. Zur Einordnung: Unter Volllast benötigt Jänschwalde pro Tag 80.000 Tonnen Kohle.

Laut einem Bericht des „Handelsblatts“ befindet sich der in der Lausitz ansässige Versorger LEAG offenbar ohnehin wegen der hohen Energiekosten in finanziellen Schwierigkeiten. Demnach musste das Unternehmen kurzfristig mit einem Kredit in Milliardenhöhe von der staatlichen KfW-Bank gestützt werden. Dabei soll es sich sogar um einen der höchsten Kredite gehandelt haben, den die staatliche Förderbank je an ein Unternehmen vergeben hat. Schon im Januar hatte der Energiekonzern Uniper mit der KfW eine Kreditvereinbarung von bis zu zwei Milliarden Euro vereinbart.