20.05.2024

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Folge 13-22 vom 01. April 2022 / Vor 50 Jahren / Hellmuth Heyden erforschte die Pommersche Kirchengeschichte / Ehrendoktorwürde der Greifswalder Universität bereits 1953

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-22 vom 01. April 2022

Vor 50 Jahren
Hellmuth Heyden erforschte die Pommersche Kirchengeschichte
Ehrendoktorwürde der Greifswalder Universität bereits 1953
Martin Stolzenau

Hellmuth Heyden stammte aus Greifswald und entwickelte sich neben seiner Pfarrtätigkeit mit seinen Nachforschungen zum Vater der pommerschen Kirchengeschichtsschreibung. Damit erreichte er zu Lebzeiten viel Anerkennung und auch über seinen Tod vor 50 Jahren hinaus eine beträchtliche Nachwirkung, was sich in verschiedenen Schriften, die ihm gewidmet sind, niederschlägt. Dazu gehören Beiträge in einigen Bänden der „Baltischen Studien“, die sein verdienstvolles Schaffen würdigen.

Heyden wurde am 18. Januar 1893 in Greifswald geboren. Sein Vater fungierte in der Universitätsstadt als Polizeiwachtmeister. Nach ersten Greifswalder Kinderjahren des Jungen wurde der Vater nach Altdamm bei Stettin versetzt. Der Ort liegt rund acht Kilometer östlich von der Stettiner Altstadt, ist seit dem 12. Jahrhundert als Besitz des Klosters Kolbartz überliefert und wurde 1249 vom Pommernherzog Barnim I. übernommen.

Altdamm bekam 1260 das Stadtrecht, wurde 1924 Standort des Stettiner Flughafens und 1939 ein Stadtteil von Stettin. Heyden wuchs in Stettin auf, besuchte eine höhere Knabenschule sowie das Sophienstiftsgymnasium und hatte den bekannten Historiker Martin Wehrmann als Lehrer, der ihn für die Geschichtsschreibung interessierte. Nach dem Abitur 1911 studierte Heyden nacheinander in Greifswald, Tübingen, Halle und erneut in Greifswald Theologie, fungierte während des Ersten Weltkriegs in Stettin als Lazaretthilfsseelsorger und wurde nach der Ordinierung in der Stettiner Schlosskirche noch 1918 zum Pfarrer der Stettiner Bugenhagenkirche berufen. 

Er erwies sich schnell als erfolgreicher Kanzelprediger, dessen Kirche immer gefüllt war, beschäftigte sich mit der Geschichte bis dahin, dass er sich in den Archiven Material erschloss und in Geschichtsvorträgen der „Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Altertumskunde“ einem größeren Interessentenkreis vortrug. Seine Erkenntnisse verarbeitete der Hobby-Historiker schließlich auch in Schriften. Dabei entstanden größere Abhandlungen wie die Bücher „Die Kirchen Stettins und ihre Geschichte“ und „Kirchengeschichte von Pommern“. 

Zwischendurch heiratete der Pfarrer der Stettiner Bugenhagenkirche 1921 Elisabeth Matz, deren Vater als Reichsbahn­obersekretär überliefert ist. In den Jahren der Weimarer Republik drang er immer tiefer in die Geschichtsforschung ein. Testamente, Urkunden, Chroniken und überlieferte Briefwechsel bedeutender Persönlichkeiten waren seine Welt. Zu den Nationalsozialisten ging er nach anfänglicher Annäherung angesichts des ausufernden Kirchenkampfes auf Distanz.

Bei Kriegsende hielt Heyden entgegen den Weisungen seiner Vorgesetzten seiner dezimierten Gemeinde die Treue und wurde vom russischen Stadtkommandanten als unbelasteter Theologe zum ersten Nachkriegs-Superintendenten ernannt. Aber dann kam im Gefolge der territorialen Zuordnung Stettins zu Polen die Vertreibung. 

Heyden zählte zu den Vertriebenen, übersiedelte zunächst nach Grimmen im damaligen DDR-Land Mecklenburg, übernahm dann das Pfarramt in Richtenberg und wurde 1949 zum Superintendenten des Kirchenkreises Franzburg erhoben. Er erfüllte unter den veränderten Bedingungen seine kirchlichen Amtspflichten und fand in neuer Umgebung auch wieder Zeit für seine Geschichtsforschungen, die er mit noch größerer Intensität fortsetzte. Seine historischen Erkenntnisse fanden in der jungen DDR Anerkennung. 

1953 verlieh ihm die Greifswalder Universität die Ehrendoktorwürde. In der überlieferten Promotionsurkunde steht: „Dem unermüdlichen Erforscher der Kirchengeschichte seiner Heimat, dem charaktervollen Vertreter wissenschaftlicher Arbeit in der evangelischen Pfarrerschaft, dem erfolgreichen Verfasser gemeinverständlicher Aufsätze zur Kirchengeschichte.“ Dazu gesellte sich zusätzlich ein „Lehrauftrag für pommersche Kirchengeschichte“ an der Greifswalder Universität. Nachdem er 1960 in den offiziellen Ruhestand getreten war, konnte er sich in den letzten Lebensjahren frei von amtlichen Bürden voll und ganz der Erforschung der pommerschen Kirchengeschichte widmen. 

Heyden wohnte zuletzt in Stralsund, war aber oft in den Archiven des Ostseeraumes unterwegs und erschloss weitere Themenkreise. Das reichte von Protokollen der frühen pommerschen Kirchenvisitationen, die Anfänge des Buchdrucks in Pommern, die Heimsuchung durch epidemische Krankheiten, die Kirchen Stralsunds und ihre Geschichte bis zur Entwicklung der Orts-, Straßen- sowie Personennamen, zu den Besonderheiten des mittelalterlichen Hospitalwesens und zur Geschichte der Greifswalder Universität. Dazu erforschte Heyden letztlich ebenso die Geschichte des berühmten Croy­teppichs. 

Darüber starb der rührige Kirchenmann als Vater der pommerschen Kirchengeschichtsschreibung am 18. März 1972 in Stralsund. Neben seinem umfangreichen Lebenswerk hinterließ er zwei Kinder. Sein Nachlass gehört inzwischen zum Bestand des Landeskirchenarchivs in Greifswald.