20.05.2024

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Folge 13-22 vom 01. April 2022 / Sammlerleidenschaft / In über 120 Jahren durch halb Europa / Bahnliebhaber und Sammler ersteigerte Ansichtskarte von Königsberg – Anbieter stammte aus Dänemark

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-22 vom 01. April 2022

Sammlerleidenschaft
In über 120 Jahren durch halb Europa
Bahnliebhaber und Sammler ersteigerte Ansichtskarte von Königsberg – Anbieter stammte aus Dänemark

Im Zeitalter der sozialen Medien, der E-Mails und MMS-Nachrichten scheint die gute alte Postkarte nur noch etwas für Traditionalisten zu sein. Oder für Sammler wie den Erlanger Günther Klebes. Der 73-jährige Franke liebt alte Postkarten, genauer, solche mit bahnhistorischen Motiven aus dem deutschsprachigen Raum. Seine jüngste Errungenschaft ist eine Ansichtskarte mit einem Blick auf den Fisch- und Kohlmarkt von Königsberg, selbstverständlich mit einer Straßenbahn.

Vorgänger der elektrischen Straßenbahn in Königsberg war eine Pferdebahn, deren erste Linie 1881 eröffnet wurde. Die Pferdebahn entwickelte sich schnell, ihr Netz wurde bald erweitert. Dieses wurde von mehreren Aktiengesellschaften erbaut und betrieben. 1895 gab es in Königsberg bereits fünf Pferdebahn-Linien. 1901 wurde die Pferdebahn eingestellt, mit Ausnahme einiger Linien auf den Hufen. Die Strecken wurden von der Stadtverwaltung aufgekauft.

Das letzte Mal fuhren Pferdebahnen am 30. Oktober 1901 über die Straßen Königsbergs. Die Pferdebahn hatte eine Spurweite von 1435 Millimetern, im Verlauf der Elektrifizierung wurde sie auf 1000 Millimeter umgestellt. 

Die Wunschkarte gab’s sogar zum Schnäppchenpreis 

„Ich bin bei einer luxemburgischen Internet-Auktion auf die Karte gestoßen und habe mir gesagt: ,Die alte Ansicht mit einem Pferdebahnwagen, die muss ich haben‘“, teilte der Schulbusfahrer, der in Erlangen zu Hause ist, mit. Die Ansicht der alten Bahn war für ihn maßgebend für den Kauf. Postkarten, welche die unterschiedlichsten Bahnen in Ostdeutschland zeigen, sind noch nicht so zahlreich in seiner Sammlung vertreten. 

Gedruckt wurde die Karte in Dresden, und Anfang Oktober 1900 wurde sie in die Nähe von Köln versandt. Die ersten Kilometer vollzog die Ansichtskarte in einem Bahnpostabteil der preußischen Post von Eydtkuhnen nach Dirschau, wie der Stempel zeigt.

„Erstaunlich fand ich auch, dass der Anbieter eine Adresse in Dänemark hatte“, erklärt Klebes. Weil er der einzige Bieter war, konnte er die Wunschkarte auch noch zum Schnäppchenpreis von gerade einmal 2,50 Euro erwerben. „Das ist eigentlich viel zu billig“, kommentiert der Käufer. 

Normalerweise wäre er bereit gewesen, dafür bis zu acht Euro auszugeben, denn es war eine sehr selten angebotene Karte. Diesen Preis zahlte er insgesamt aber dann auch, da noch das Porto für einen eingeschriebenen Auslandsbrief dazukam. Es gebe aber auch Philokartisten, die bereit wären, einen zweistelligen Betrag für eine Ansichtskarte hinzublättern. 

Wie das gute Stück vom Rhein nach Dänemark gekommen ist, darüber kann der Sammler nur spekulieren. „Ob dahinter eine Auswanderung steht, oder einfach ein Bündel alter Postkarten nach einer Haushaltsauflösung an einen Händler veräußert wurde, der die Karten über das Internet weiter vermarktet, weiß ich nicht“, sagt Klebes. Er hat auch schon Karten aus Australien, Israel oder Kanada erworben. 

Es gibt sogar eigene Ausstellungen für die Karten

Seine leidenschaftliche Sammelwut in Sachen Bahn-Postkarten ist übrigens kein Einzelfall: „Es gibt sogar eigene Ausstellungen für Bahn-Sammler“, sagt Klebes, und durchforscht schon wieder das Internet nach Exponaten wie der gerade erst entdeckten Ansichtskarte aus Königsberg.

Klebes sammelt nach eigenem Bekunden begeistert „alles, was mit der Bahn zu tun hat – außer echte Lokomotiven“. Bei ihm zu Hause stehen Modelle und historische Uniformmützen, die sogenannten „Rotkäppchen“, neben zahllosen selbst geschossenen Fotos und Alben voll einschlägiger Telefonkarten und Briefmarken. 

Daneben arbeitete der dreifache Vater ehrenamtlich bei der Bahnhofsmission, als Hobby nennt er „Bahn fahren“. Auf seiner Hochzeitsreise ist er vor 38 Jahren mit dem Glacier-Express von St. Moritz nach Zermatt gefahren. Sehr oft ist er mit der Bahn unterwegs – frei nach dem Motto „Der Weg ist das Ziel!“ EB