20.05.2024

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Folge 13-22 vom 01. April 2022 / Nachruf / Trauer um Lothar Hyss / Der Direktor des Westpreußischen Landesmuseums von 1998 bis 2021 verstarb unerwartet am 19. März 2022

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-22 vom 01. April 2022

Nachruf
Trauer um Lothar Hyss
Der Direktor des Westpreußischen Landesmuseums von 1998 bis 2021 verstarb unerwartet am 19. März 2022
Jürgen Martens

Lothar Hyss beendete am 19. März seinen irdischen Weg. Alle, die ihn kannten und ihn begleiteten, hat diese Nachricht zutiefst getroffen und erschüttert.

Hyss, 1960 im oberschlesischen Friedrichsfelde geboren, blieb mit seinen Eltern zunächst in der schlesischen Heimat, bevor der Familie die Ausreise nach Deutschland genehmigt wurde. Hyss’ Vater gehörte zur Gruppe deutscher Spezialisten, die die Polen zum Aufbau Schlesiens in ihrem Sinne benötigten. Die späte Übersiedlung war der Grund, dass Hyss Polnisch als zweite Muttersprache in Wort und Schrift beherrschte. Das deutsche Abitur machte er nach und studierte in Bonn Kunstgeschichte. Sein Promotionsthema lautete: „Johann Wolfgang von Goethe und das Residenzschloß zu Weimar“. Nach Beendigung seines Studiums folgte ein museales Praktikum im Haus Schlesien in Königswinter, das in eine feste zehnjährige Anstellung in dieser renommierten Einrichtung überging.

Am 1. April 1998 übernahm Hyss von Hans-Jürgen Schuch die Leitung des Westpreußischen Landesmuseums in Münster-Wolbeck. Diese neue Aufgabe und zugleich Herausforderung waren für ihn eine Berufung.

Im Laufe der Jahre erwies sich, dass die Räumlichkeiten im Wolbecker Drostenhof als Museumssitz nicht hinreichten. Letztlich genügte der Drostenhof nicht dem ICOM-Standard. Hyss kamen seine guten Kontakte zur Unternehmerfamilie Horstmann in Warendorf zugute. Sie hatte das Westpreußische Landesmuseum bereits in Wolbeck unentgeltlich mit Räumlichkeiten unterstützt. Familie Horstmann konzipierte zusammen mit Hyss das Franziskanerkloster in Warendorf zu einer gelungenen musealen Einrichtung Westpreußens. Nach dem Abschluss der Baumaßnahmen folgte am 5. Dezember 2014 die Wiedereröffnung des Westpreußischen Landesmuseums in den früheren Klosterräumlichkeiten.

Schuch hatte unmittelbar nach der Wende eine erste Kooperation mit dem polnischen Bezirksmuseum Thorn begonnen. Diese Verbindung zu polnischen Museen an der unteren Weichsel wurde in der Folge zu Hyss Leidenschaft. Die Beherrschung der polnischen Sprache machten es ihm leicht, mit polnischen Museumsleitern in Kontakt zu kommen und über Kooperationsverträge die Verbindung zu polnischen Museen systematisch auszubauen. Zu den wichtigsten Kooperationspartnern des Westpreußischen Landesmuseums gehörten: das Nationalmuseum in Danzig, das Historische Museum der Stadt Danzig, das Schloßmuseum in Marienburg, das Diözesanmuseum in Pelplin, das Museum in Graudenz, und das Museum in Preußisch Stargard. 

Gemeinsam mit Lüneburg

Ein besonderes Anliegen von Hyss war seit 1999 die Errichtung und der Betrieb einer Außenstelle in Krockow – unweit von Danzig. Diese Einrichtung war bestimmt zur Erforschung und Darstellung der regionalen Geschichte und Kultur von Polen, Deutschen und Kaschuben. Dies gelang über eine enge Zusammenarbeit mit der Stiftung Europäische Begegnung/Kaschubisches Kulturzentrum in Krockow, dem Regionalmuseum Krockow und der Gemeinde Krokowa. Besonders in Krockow hat sich Hyss große Verdienste erworben. 

Die Ausstellung „Quis ut Deus“ und deren Vorbereitung verdienen eine besondere Erwähnung. Sie wurde 2000 und 2001 im Ostpreußischen Landesmuseum in Lüneburg und im Westpreußischen Landesmuseum gezeigt. Zur Vorbereitung war ein gemeinsamer Besuch bei Pater Roman Ciecholewski, dem Direktor des Pelpliner Diözesanmuseums, notwendig. Es sollten erstmals im westlichen Ausland etwa 70 Prozent der sakralen, unschätzbar wertvollen, aus der Zeit des Deutschen Ordens stammenden regionalen Kunstwerke des Diözesanmuseums gezeigt werden. Empfangen wurden die Gäste im Kanonikerhaus Ciecholewkis, das Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. hatte errichten lassen. Eine Episode des Besuchs bleibt dabei unvergesslich: Pater Ciecholewski umarmte Hyss und sprach von seinem jungen deutschen Freund; zugleich erwähnte er die von ihm geschätzte deutsche Sprache, die er immer dann nutzte, wenn es darum ging, komplizierte Sachverhalte zu formulieren.

Die Sammlungsbestände des Museums erweiterte Hyss mit Hilfe privater Zustiftungen, aber vor allem mit großzügig bemessenen Projektmitteln des Bundes. Das Museum wurde mit interessanten Sonderausstellungen sowie Vortragsveranstaltungen zum „großen“ Thema Westpreußen vom Publikum angenommen. 

Festzuhalten ist, dass Hyss und sein Museumsteam den ihnen gestellten Auftrag, das kulturelle Erbe der historischen Provinz Westpreußen am Unterlauf der Weichsel der breiten Öffentlichkeit in der Bundesrepublik Deutschland und in Europa sowohl im Wolbecker Drostenhof als auch im früheren Franziskanerkloster in Warendorf zu vermitteln, mit großer Leidenschaft und Engagement erfüllt haben. Nachhaltige Unterstützung erhielt das Museumsteam von der seit 2005 am Museum tätigen Kulturreferentin Magdalena Oxfort. 

Für seine außerordentlichen Leistungen im und für das Museum, aber auch für seinen Einsatz zum Erhalt der Kultur Westpreußen haben die zahlreichen Freunde Lothar Hyss‘ zu danken. Ein ehrendes Gedenken ist dem Menschen und Freund Lothar Hyss gewiss!