19.05.2024

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Folge 14-22 vom 08. April 2022 / Willkommenskultur / „Die Spendenbereitschaft ist fast im freien Fall“ / Bei den Helfern wie in der Bevölkerung zeichnet sich ein abnehmendes Interesse ab

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-22 vom 08. April 2022

Willkommenskultur
„Die Spendenbereitschaft ist fast im freien Fall“
Bei den Helfern wie in der Bevölkerung zeichnet sich ein abnehmendes Interesse ab

Die Spendenbereitschaft der Deutschen war bundesweit in den ersten Wochen des Ukrainekriegs überwältigend. Viele Freiwillige sammelten Geld, Nahrung, Medikamente und organisierten auf eigene Faust Transporte an die polnisch-ukrainische Grenze. Noch bevor der Berliner Senat in die Gänge kam, waren es ehrenamtlicher Helfer, die als erste am Hauptbahnhof der Hauptstadt Essen für Kriegsflüchtlinge organisierten. 

Inzwischen berichten Hilfsorganisationen von Problemen im Zusammenhang mit der anfänglichen Flut an Sachspenden. Zum Teil sind die Lager voll mit gespendeten Kleidungsstücken, die derzeit eigentlich nicht benötigt werden. So berichtete Diana Henniges vom Verein „Moabit hilft“ gegenüber dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb): „Jetzt kommt der Frühling, wir brauchen keine Pelzmäntel mehr.“ Die vollen Lager mit Kleidungsspenden binden inzwischen sogar unnötig Personal, das nicht verwendbare Sachen wieder entsorgen muss. Mangel herrscht dagegen oftmals an Dingen, die für den Start in den Alltag notwendig sind, wie beispielsweise ein Laptop. 

Nun machen Hilfsinitiativen auch die Erfahrung, dass nach Wochen des Engagements das Interesse von Helfern nachlässt. Zudem berichten Initiativen von einem nachlassenden Interesse in der Bevölkerung. „Die Spendenbereitschaft hat deutlich nachgelassen, sie ist fast im freien Fall“, so Simon Neuffer von „adiuto.org“, einem Netzwerk, das Spenden und ehrenamtlich Hilfe organisiert.

Auch aus Polen sind inzwischen Warnungen zu hören, dass sich die Bereitschaft, ukrainischen Kriegsflüchtlingen zu helfen, abkühlen könnte. Auf dem Nachrichtenportal „gazeta.pl“ prognostizierte der Krakauer Ökonom Marcin Kędzierski, dass der Enthusiasmus der ersten Wochen in wenigen Monaten erschöpft sein könnte. Kędzierski warnte, dass die Aufnahme einer großen Flüchtlingszahl zu sozialen Konflikten führen werde, wenn die Belastungen den sozial schlechter gestellten Polen aufgebürdet würden. Kędzierski wies dabei unter anderem auf den Zustand des öffentlichen Gesundheitssystems in Polen und den teilweise schlechten Gesundheitszustand der Flüchtlinge hin. Der Krakauer Wissenschaftler rechnet damit, dass kurzfristig bis zu zweieinhalb Millionen Ukrainer nach Polen kommen werden. Die Aufnahmekapazität Polens schätzt er auf eine Dreiviertelmillion.N.H.