19.05.2024

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Folge 14-22 vom 08. April 2022 / Parteien / „Die Linke“ sieht sich vor weiteren Niederlagen / Neuausrichtung oder Fundamental-Opposition? Bemühungen, den Riss in der Partei zu kitten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-22 vom 08. April 2022

Parteien
„Die Linke“ sieht sich vor weiteren Niederlagen
Neuausrichtung oder Fundamental-Opposition? Bemühungen, den Riss in der Partei zu kitten
Peter Entinger

Selbst die linksalternative Tageszeitung „taz“ macht sich keine Illusionen mehr. „Das Projekt Linkspartei neigt sich dem Ende zu“, schrieb das Blatt in der vergangenen Woche. Das mag ein wenig voreilig sein, denn immerhin sitzen die Post-Kommunisten noch in neun von 16 Landtagen. Doch der Austritt des ehemaligen Parteivorsitzenden Oskar Lafontaine und der Absturz in der einstigen Hochburg Saarland auf unter drei Prozent haben die Partei ins Mark getroffen. Und die Aussichten für die kommenden Wahlen sind nicht viel besser. 

Vor fünf Jahren scheiterten die Linken in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen noch relativ knapp, in Schleswig-Holstein reichte es immerhin für knapp vier Prozent. Doch die aktuellen Umfragen liegen niedriger. Die Stimmung in der Partei ist extrem schlecht. Der ehemalige Parteivorsitzende Klaus Ernst kritisiert bei Twitter die Parteiführung: „Saarland-Wahl. Eine erneute Katastrophe für die Linke. Wird wieder niemand die Verantwortung übernehmen oder wird man sie wieder Oskar zuschieben?“ 

Fraktionschef Dietmar Bartsch forderte am Tag nach der Wahl einen inhaltlichen Neuanfang. Alles müsse „auf den Prüfstand“, sagte er gegenüber dem Norddeutschen Rundfunk. Im Juni steht ein Programmparteitag an, dort soll eine inhaltliche Klärung erfolgen. Eine Gruppe um Lafontaines Ehefrau Sahra Wagenknecht, die für die Linke im Bundestag sitzt, hatte den russischen Einmarsch in die Ukraine relativiert. Partei-Urgestein Gregor Gysi hatte sich daraufhin in einem Brief distanziert und entsetzt gezeigt. 

Doch es ist nicht nur die Außenpolitik, welche die Linke entzweit. Im Osten hatte sich die Partei einst den Ruf als Kümmerer erworben, im Westen konnte sie teilweise von der SPD-Krise profitieren. Doch dann kam die AfD als Mitbewerber ins Spiel, welche die soziale Frage im Kontext der Masseneinwanderung brachte. Das führte im Osten zu einer Konkurrenzsituation, im Westen brachte es die Partei in Argumentationsnöte. Viele der dortigen Kader stammen aus Antifa-Strukturen, offene Grenzen und Einwanderung für jeden gehören dort zum politischen Einmaleins. 

„Kaviar-Linke“, bezeichnete Lafontaine dieses Milieu und urteilte bei seinem Austritt: „Die heutige Linke spricht dasselbe Klientel an wie die Grünen.“ Wie tief die Spannungen sind, zeigt eine Äußerung der Parteivorsitzenden. „Wir bestimmen die politischen Positionen der Partei Die Linke zusammen. Sahra Wagenknecht spricht für sich selbst“, sagte Susanne Hennig-Wellsow. Die Thüringerin führt die Partei gemeinsam mit Janine Wissler aus Hessen. Es sind die Landesverbände, die in Ost und West gleichermaßen als stabil gelten. Doch große Lust hat die weibliche Doppelspitze offenbar nicht mehr. „Der Grad bei uns beiden von ,Schnauze voll‘ ist relativ hoch“, sagte Hennig-Wellsow. Der Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke sieht nur eine Lösung. „Wenn der Riss nicht beseitigt wird und die Partei sich nicht ehrlich macht und sagt, wir müssen uns entscheiden: entweder eine Reformpartei oder eine Fundamental-Opposition vom Schlage Wagenknechts. Dann bleibt der Riss und dann hat die Partei keine Zukunft.“