19.05.2024

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Folge 14-22 vom 08. April 2022 / Leserforum

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-22 vom 08. April 2022

Leserforum

unaufgeklärter Dirigent

Zu: Zerbombte Kultur-Brücke (Nr. 11)

Selbstverständlich verbietet sich bei uns in Deutschland eine generelle Gesinnungsüberprüfung beziehungsweise -schnüffelei gegenüber russischen Kulturschaffenden. Speziell im Falle des immer hoch gelobten Dirigenten Waleri Gergijew war die Kündigung seines Anstellungsvertrages durch den Münchener OB Reiter allerdings längst überfällig gewesen; vielmehr hätte die Anstellung erst gar nicht erfolgen dürfen. 

So hat meines Erachtens Gergijew beispielsweise seine allzu große Nähe zum Kriegstreiber Wladimir Putin schon dadurch untermauert, dass er 2016 in Palmyra im Rahmen einer Art russischer „Truppenbetreuung“ das Orchester dirigierte – somit also auch für jedermann sichtbar vor den Mordbrennern von Aleppo und anderen völkerrechtswidrig bombardierten Städten Syriens. Sofern Gergijew in seinen politischen Ansichten nicht bereits zu jenem Zeitpunkt völlig verbohrt gewesen sein dürfte, hätte er als weltweit anerkannter und eigentlich aufgeklärter Künstler (betonen doch gerade Musiker ja immer wieder ihr kosmopolitisch ausgerichtetes Wirken!) angesichts der nicht wegzuleugnenden, verbrecherischen russischen Kriegshand1ungen von einem solchen Dirigenten-Auftritt nach reiflicher Überlegung Abstand nehmen müssen.

Wolfgang Trost, Hamburg






Russische Dichter als Gaben

Zu: Zerbombte Kulturbrücke (Nr. 11)

Die „Ausmusterung“ der russischen Opernsängerin Anna Netrebko hat jeder mitbekommen, ebenso die Kündigung des Dirigenten Waleri Gergijew. Die augenblickliche Hexenjagd auf russische Künstler ist schon schlimm genug. Sehr gut der Vergleich mit der McCarthy-Ära; das Schauspiel „Hexenjagd“ von Arthur Miller haben unsere Schüler oft erfolgreich aufgeführt. Aber dass Dostojewskij von der Universität Mailand aus dem Lehrplan genommen wird, wie ich nun erfahren habe, dürfte nicht zu überbieten sein.

Ich bin nun alt, „Seniorin“, wie man heute euphemistisch sagt. Dann gehen die Gedanken oft in die Jugend zurück. Wir waren Ostvertriebene, vertrieben aus Königsberg, hatten alles verloren, aber Bücher wurden sofort wieder angeschafft und gehörten auf jeden Weihnachts- und Geburtstagstisch. Und die russischen Dichter gehörten dazu. Mein Vater führte mich ein. Ich durfte mit Tolstoj, Dostojewskij, Puschkin und Tschechow aufwachsen. Das Schicksal hat es gut mit mir gemeint. Als wir endlich 1991/92 in die alte Heimat, in die russische Exklave, nun Kaliningrader Oblast, reisen durften, war ich vorbereitet. „Du wirst viel Freude mit den Russen erleben!“, sagte damals ein Kollege zu mir. Die Voraussage ist eingetroffen.

Dr. Bärbel Beutner, Unna






Tödliche Medikamente

Zu: Medizin, die krank macht (Nr. 11)

Die schmerzliche Folge tödlich wirkender Medizin musste ich im Mai 2021 erleben, als mein Mann binnen weniger Wochen verstarb, nachdem er mit einem neuen Medikament für Leukämie (CLL) behandelt worden war. Zufällig hatte ich zwei Tage vor seinem Tod im Abendprogramm des NDR einen sehr kritischen Filmbeitrag zu den sogenannten „Neuen Krebsmedikamenten“ – es gibt über 200 Stück davon – gesehen. Hier wurden viele Fakten zusammengetragen, die offenlegten, dass die Pharmafirmen aus Profitsucht oft nicht die nötige Vorsicht walten lassen, bevor sie, wie auch die staatliche Aufsicht, ein neues Medikament für den Markt freigeben. Die Folge sind schwerwiegende Nebenwirkungen und Todesfälle.

Im Falle meines Mannes kann ich zwei neue Medikamente nennen, vor denen ich warnen möchte. Beide wurden auch in dem Fernsehbericht erwähnt: Eines davon bewirkte nach zweijähriger Einnahme eine stark verminderte Leistung des Herzens, das zuvor gesund gewesen war. Nach seiner Absetzung war sein Blutbild unauffällig, das Herz musste behandelt werden und erholte sich nur wenig.

Vor der Verabreichung des anderen Medikaments war das Blutbild nach 20 Monaten für die CLL immer noch gut – die weißen Blutkörperchen nur leicht erhöht, alle anderen Werte im grünen Bereich. Trotzdem wurde das Medikament gegeben, zunächst in niedriger Dosierung. Dies hatte nach drei Wochen sein Blut total zerstört, sodass mein Mann über keinerlei Immunabwehr mehr verfügte und fünf Wochen später auf der Intensivstation verstarb. Nach der Diagnose der CLL war er im Jahr 2015 mit einem alten in den 80ern in der DDR entwickelten Medikament erfolgreich behandelt worden.

Nebenbei bemerkt: Die neuen Medikamente sind unverschämt teuer. Im Monat fallen Kosten zwischen 6500 und 11.000 Euro an. Die Entwicklungskosten für Imbruvika hatten sich laut NDR-Doku schon nach 2,5 Jahren amortisiert. 

Renate Aumund, Bremen 






Von Krockows Verdienste

Zu: Der Schriftsteller Christian Graf von Krockow (Nr. 11)

Der Beitrag über den Historiker Christian Graf von Krockow fordert zu einer Ergänzung heraus, denn es gibt kaum Berührungspunkte des Gewürdigten zur der Gutsbesitzerfamilie der Grafen von Krockow in dem nordkaschubischen Dorf Krockow in Westpreußen.

Der kaschubisch-westpreußische Zweig der Familie von Krockow, in den Grafenstand 1786 von Friedrich Wilhelm II. erhoben, war über 750 Jahre auf ihrem Stammsitz in Krockow ansässig. Der letzte Gutsherr zu Krockow, Döring Graf von Krockow (1873–1953), war gezwungen, in den Kriegswirren 1945 seine kaschubische Heimat in Westpreußen zu verlassen und gelangte nach einer Odyssee im Dezember 1945 nach Bad Driburg. Dort gab es ein Wiedersehen mit seinem dritten Sohn Albrecht; die beiden Söhne Reinhold und Heinrich waren 1943 an der Ostfront gefallen.

Albrecht Graf von Krockow (1913–2007) fand sehr bald eine neue Heimat in Föhren bei Trier. Unmittelbar nach der Wende 1990 wurden die alten Verbindungen zu dem alten Stammsitz Krockow wiederaufgenommen. Graf Albrecht und seinem Sohn Ulrich ist es zu verdanken, dass sich nach dem raschen Wiederaufbau des Schlosses zwischen 1991/1992 in dem alten kaschubischen Dorf Krockow die europäische Kulturregion Westpreußen entwickeln konnte.

Über die von der gräflichen Familie und der Gemeinde Krokowa gegründete Stiftung Europäische Begegnung/Kaschubisches Kulturerbe erfuhr der Ort satzungsgemäß eine ungeahnte Modernisierung. Dazu gehörte auch die Einrichtung eines regionalen Museums mit einer Außenstelle des Westpreußischen Landesmuseums, damals noch in Münster-Wolbeck beheimatet. 

Für den Erfolg des Regionalmuseums mit Außenstelle des Westpreußischen Landesmuseums waren maßgeblich die polnischen Leiterinnen der Krockower Museumseinrichtung, und zwar Dr. Magdalena Sacha und Grażyna Patryn, verantwortlich. Ohne ihren leidenschaftlichen Einsatz und ihre speziellen deutschen Sprachkenntnisse wäre die Museumseinrichtung Krockow nicht zu der Erfolgsgeschichte geworden, die ihr von 1998 bis 2020 beschieden war.

Gegenwärtig jedoch scheint sich eine Aussage Ulrich Graf von Krockows – auch unter dem Eindruck der Corona-Krise – zu bewahrheiten: Letztlich ist nicht auszuschließen, dass auf die langjährige gute deutsch-polnische Zusammenarbeit in Krockow neue Schatten fallen. Für die zukünftige Kooperation zwischen dem Westpreußischen Landesmuseum in Warendorf und dem Krockower Regionalmuseum mit Außenstelle sowie die zwischen den beiden Stiftungen ergeben sich derzeit keine guten Perspektiven. Mit Blick auf die deutsch-polnischen Beziehungen ist das zu bedauern.

Dr. Jürgen Martens