20.05.2024

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Folge 16-22 vom 22. April 2022 / In eigener Sache / Die PAZ und Putins Krieg

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-22 vom 22. April 2022

In eigener Sache
Die PAZ und Putins Krieg
René Nehring

Die Redaktion der Preußischen Allgemeinen Zeitung erhält in diesen Tagen manche Zuschrift, in der die Leser ihr Unverständnis über die Haltung der PAZ zum Ukrainekrieg äußern. Die Leser bemängeln unter anderem, dass diese Zeitung zu einseitig für die Ukraine Partei ergreife und dass sie – etwa im Fall der Kriegsverbrechen von Butscha – vorschnell der Argumentation der Ukrainer gefolgt sei. Manche Leser erwähnen in diesem Kontext, dass auch die USA und andere Nationen in ihrer Geschichte Kriegsverbrechen begangen haben und dies nicht erwähnt werde. 

Zu letzterem Vorwurf sei gesagt, dass die PAZ als Stimme von durch den Zweiten Weltkrieg besonders hart getroffenen Deutschen das Wirken der US-Amerikaner noch nie durch eine rosafarbene Brille betrachtet hat. Seit über 70 Jahren benennt diese Zeitung deshalb auch Kriegsverbrechen der USA ebenso klar beim Namen wie die Vergehen anderer Nationen: sei es im Zweiten Weltkrieg (Bombenkrieg gegen die deutsche Zivilbevölkerung), in Vietnam (Massaker von My Lai) oder im Irak (Folterskandal von Abu Ghraib). 

Kriegserklärung schon 2021 

Hier und heute geht es jedoch um den Krieg Russlands gegen die Ukraine und dessen schreckliche Folgen. Dieser Krieg ist ein klarer Bruch des Völkerrechts, der keineswegs dadurch legitimiert wird, dass auch andere Staaten bereits das Völkerrecht gebrochen haben. Dieser Krieg wurde vom russischen Präsidenten Wladimir Putin persönlich erklärt – und das nicht erst am 24. Februar 2022, sondern bereits im vergangenen Jahr in einem Essay zur „historischen Einheit von Russen und Ukrainern“ (der im Internet nachlesbar ist), in dem Putin den Ukrainern faktisch das Recht auf einen eigenen Staat abspricht. 

Manche Leser argumentieren auch, „der Westen“ habe Russland in den vergangenen Jahren eingekreist. Sie verweisen unter anderem darauf, dass die NATO 1989/90 der Sowjetunion zugesichert habe, keine Osterweiterung über das Gebiet der damaligen DDR hinaus vorzunehmen. Sie übersehen jedoch die NATO-Russland-Grundakte von 1997, in der Russland einer NATO-Osterweiterung sogar ausdrücklich zugestimmt hat. Einzige Bedingung war der Verzicht auf die Stationierung von Atomwaffen und weiterer NATO-Truppen in den Beitrittsländern. 

Vergessen wird in diesem Kontext regelmäßig auch der NATO-Gipfel vom April 2008, als der Antrag der Ukraine auf Aufnahme in die westliche Verteidigungsgemeinschaft abgelehnt wurde – obwohl die USA diesen ausdrücklich befürworteten. Wenn die Amerikaner vorgehabt hätten, Russland einzukreisen und dazu die Ukraine benötigt hätten, würden sie sich damals wohl kaum mit dem Nein der Europäer abgefunden haben. Und hätte die NATO damals die Ukraine aufgenommen, wäre es 2014 kaum zur Abtrennung der Krim und 2022 kaum zu diesem Krieg gekommen. 

Wichtig in diesem Kontext ist auch, dass – wie es der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr Harald Kujat erst unlängst in der PAZ betonte – der Wunsch zur NATO-Osterweiterung keineswegs von den US-Amerikanern ausging, sondern von den vormaligen Mitgliedstaaten des Warschauer Vertrages. Warum eigentlich wollten und wollen all diese Nationen – darunter auch slawische Brudervölker – von Moskau weg? 

Eine mögliche Antwort gibt seit Wochen das Sterben in Butscha, Charkiw, Hostomel, Irpin, Kramatorsk, Lemberg, Mariupol, Tschernihiw und in vielen anderen Orten. Schon jetzt zählt das Portal „statista.com“ rund 1800 bestätigte tote Zivilisten. Allein für die seit Wochen unter dauerhaftem Artilleriefeuer stehende Stadt Mariupol (die vor Kriegsbeginn rund 445.000 Einwohner hatte) rechnen Beobachter mit mindestens 5000 weiteren toten Zivilisten. Wie viele russische Städte sind eigentlich in den vergangenen Wochen beschossen worden?  

Angesichts dieser und weiterer Fakten erscheint es fragwürdig, wenn Kritiker etwa bei den Verbrechen von Butscha darauf gestoßen sein wollen, dass an der Darstellung der Ukrainer und den gezeigten Bildern „etwas nicht stimmt“. Die entscheidende Frage lautet doch: Was haben die Russen überhaupt in der Ukraine zu suchen?  

Die Preußische Allgemeine Zeitung hat sich in den vergangenen Jahren stets für die Verständigung zwischen Russen und Deutschen eingesetzt. Und sie wird dies auch in Zukunft tun. Doch am Krieg Wladimir Putins gegen die Ukraine gibt es nichts zu verteidigen.