20.05.2024

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Folge 16-22 vom 22. April 2022 / Fahrenheit / Fahrenheid / Eine bedeutende ostpreußische Familie / Vom Thermometer-Erfinder bis zum Pyramidenerbauer – Die Söhne zeichneten sich durch vielfältige Talente aus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-22 vom 22. April 2022

Fahrenheit / Fahrenheid
Eine bedeutende ostpreußische Familie
Vom Thermometer-Erfinder bis zum Pyramidenerbauer – Die Söhne zeichneten sich durch vielfältige Talente aus
Wolfgang Kaufmann

Manchmal liest man in Berichten über die beeindruckende Felsenwelt des Monument Valley im Südwesten der USA, dass dort eine Hitze von über 95 Grad herrsche. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um Grad Celsius, sondern um Grad Fahrenheit, was 35 Grad Celsius entspricht. Der Erfinder dieser in Europa inzwischen weitgehend ungebräuchlichen, aber in den Vereinigten Staaten noch relativ oft verwendeten Temperaturskala war der Deutsche Daniel Gabriel Fahrenheit, der einer prominenten ostpreußischen Familie entstammte.

Wissenschaftliche Experimente

Diese kam ursprünglich aus Westfalen. Dort wurde sie 1481 erstmals urkundlich erwähnt. Dann wanderte ein Kaufmann namens Hans Fahrenheit aus Bielefeld 1512 über Rostock nach Königsberg aus, wo er das Bürgerrecht auf dem Kneiphof erwarb und vorteilhaft in die dortige Gesellschaft einheiratete. Einer seiner Söhne, nämlich Reinhold Fahrenheit, verzog dann 1650 nach Danzig. Dessen Enkel wiederum war Daniel Gabriel Fahrenheit, der nach dem frühen Tod seiner Eltern – verursacht wohl durch den Verzehr giftiger Pilze – in die Niederlande wechselte und sich dort als Glasbläser und wissenschaftlicher Instrumentenbauer niederließ. Er experimentierte unter anderem mit Quecksilberthermometern, wobei ihm schließlich 1714 noch vor dem französischen Naturforscher René-Antoine Ferchault de Réaumur und dem schwedischen Astronomen Anders Celsius die Idee kam, diese mit einer speziell geeichten Skala zu versehen. Als deren Nullpunkt diente die tiefste Temperatur, welche Fahrenheit selbst erzeugen konnte. Dadurch wollte er Werte mit negativem Vorzeichen vermeiden.

Ein weiterer Nachkomme von Hans Fahrenheit war der kaufmännisch sehr gewitzte Reinhold Friedrich Fahrenheid, der als Inhaber des Königsberger Salzmonopols zwischen 1749 und 1758 jährlich bis zu 4000 Tonnen Salz in das Großfürstentum Litauen lieferte und den Russen dann später große Mengen an Getreide und Mehl verkaufte. Teile des so erworbenen Reichtums verwendete er zur Errichtung beziehungsweise zum Unterhalt eines Armenhauses sowie zum Erwerb des Gutes Angerapp für seinen noch unmündigen Sohn Johann Friedrich Wilhelm.

Dieser wiederum wollte weder Landwirt noch Kaufmann werden, sondern beim Militär Karriere machen. Also schrieb sich der abenteuerlustige junge Mann bei den Schwarzen Husaren ein, einem 1741 von Friedrich dem Großen gestifteten Kavallerieverband des preußischen Heeres. 

Erhebung in den Adelsstand

Das erboste seinen Vater derart, dass er mit Enterbung drohte. Deshalb gab Johann Friedrich Wilhelm Fahrenheid schließlich nach und studierte Rechts- und Verwaltungswissenschaften. Dem folgte ab 1770 eine Laufbahn als Kriegsrat bei den Domänenkammern in Gumbinnen und Königsberg, wonach er sich 1789 den landwirtschaftlichen Besitzungen der Familie zuwandte. Drei Jahre zuvor hatte ihn der König in den erblichen Adelsstand erhoben. Bis zu seinem Tode im Jahre 1834 avancierte Fahrenheid zu einem Pionier unter den privaten ostpreußischen Züchtern von Vollblutpferden, was vor allem aus dem Ankauf von zwei hervorragenden englischen Zuchthengsten resultierte, die auch dem berühmten Königlich Preußischen Hauptgestüt von Trakehnen zur Verfügung standen.

Sein Sohn Friedrich Heinrich Johann studierte ab 1799 in Königsberg bei Immanuel Kant und Johann Gottlieb Fichte. Dem folgte eine ausgedehnte Kavalierstour durch Europa und die USA, wo Fah-renheid sogar auf Präsident Thomas Jefferson traf. Im Anschluss an die Rückkehr nach Ostpreußen stieg er ebenfalls zum Kriegsrat auf und machte sich zudem wie sein Vater einen Namen als Landwirt beziehungsweise Pferdezüchter, dem schließlich das zweitgrößte Privatgestüt Europas unterstand.

Initiator des Mausoleumbaus

Friedrich Heinrich Johann von Fahrenheid gilt auch als Initiator des Baus des wahrscheinlich um 1811 errichteten Mausoleums in der Luschnitz am nordöstlichen Rande des Skallischen Forstes, zu dem unter anderem eine 15 Meter hohe Pyramide gehört. Deren Errichtung erfolgte, weil sich Fahrenheid sehr für Ägyptologie interessierte. Der Pyramide werden übernatürliche Kräfte nachgesagt, was nicht zuletzt aus der Mumifizierung der Bestatteten in dem Mausoleum resultiert. In beiden Weltkriegen verwüsteten russische beziehungsweise sowjetische Soldaten die Grabstätte. Nach 1990 stellten die polnischen Behörden diese schließlich unter Denkmalschutz und veranlassten eine Sanierung. Zwischenzeitlich lagen die Toten für jedermann sichtbar in ihren offenen Särgen.

Mit Fritz von Fahrenheid brach diese Linie der Familie Fahrenheid beziehungsweise Fahrenheit ab. Der homosexuelle und kinderlose Sohn von Friedrich Heinrich Johann von Fahrenheid studierte ab 1836 Klassische Philologie und bereiste später die antiken Stätten rund ums Mittelmeer. Aufgrund des geerbten Vermögens konnte er auf dem Schloss von Klein Beynuhnen eine beachtliche Kunstsammlung zusammentragen und der Öffentlichkeit zugänglich machen. Das Mitglied des Preußischen Herrenhauses und der Akademie der Künste in Berlin starb am 8. Juni 1888. Sein Museum wurde 1945 von der Roten Armee geplündert und dann gesprengt.