27.04.2024

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Folge 18-22 vom 06. Mai 2022 / EU-Stilllegungspflicht / „Ein nicht erklärbarer Wahnsinn“ / Angesichts drohender Hungerkrisen wollen deutsche Landwirte Lebensmittel notfalls illegal anbauen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-22 vom 06. Mai 2022

EU-Stilllegungspflicht
„Ein nicht erklärbarer Wahnsinn“
Angesichts drohender Hungerkrisen wollen deutsche Landwirte Lebensmittel notfalls illegal anbauen
Norman Hanert

Gegen das Vorhaben der EU-Kommission, Landwirte ab 2023 zur Stilllegung eines Teils ihrer Anbaufläche zu verpflichten, regt sich in Deutschland Widerstand. Im Zuge einer Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik soll laut einem EU-Beschluss ab 2023 in der gesamten EU auf vier Prozent der Ackerflächen kein Anbau mehr stattfinden. Praktisch bedeutet dies für die Landwirte, dass sie die entsprechenden Flächen bereits ab dem kommenden Herbst nicht mehr beackern und auf ihnen kein Saatgut für das kommende Jahr ausbringen dürfen. 

Inzwischen häufen sich allerdings in aller Welt die Warnungen vor Hungerkrisen. Im April wies etwa die UN-Organisation für Migration darauf hin, dass sich in Teilen Afrikas die schlimmste Hungerkrise seit einem Jahrzehnt anbahnt.

  Eine Initiative von Landwirten bezeichnete in einem Aufruf den EU-Plan „angesichts der kommenden vorhersehbaren Hungerkrise in vielen armen Ländern der Welt“ als einen „nicht erklärbaren Wahnsinn“. Zugleich kündigte die Initiative unter dem Schlagwort „grueneVier“ zivilen Ungehorsam an. In einem Aufruf von Willi Kremer-Schillings, bekannt als Bauer Willi, heißt es: „Wir werden gegen das Gesetz auf all unseren Ackerflächen somit illegal Lebensmittel anbauen. So lange, bis sich die Ernährungssituation wieder normalisiert hat.“ Für jeden Hektar, der „vorsätzlich und ungesetzlich für Lebensmittel und Nahrung“ bearbeitet wird, wollen die Landwirte 150 Euro an die Ernährungsprogramme der UN spenden. Der Verein „Land schafft Verbindung“ kündigte an, die Aktion unterstützen zu wollen.

Vor dem Hintergrund der Lage auf dem globalen Agrarmarkt haben Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) und Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) inzwischen signalisiert, den Einsatz von Kulturpflanzen für die Biospritproduktion reduzieren zu wollen.

Gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“ sagte Lemke, die Nutzung von Nahrungs- und Futtermittelpflanzen als Kraftstoffzusätze solle eingeschränkt werden, um sie für die Produktion von Lebensmitteln einzusetzen. Auch Özdemir erklärte, sei es nicht nachhaltig, Weizen und Mais in den Tank zu schütten. Abgelehnt hat Özdemir allerdings, ökologische Vorrangflächen für den Anbau von Nahrungsmitteln freizugeben. Özdemir setzte sich mit seiner Vorstellung durch, solche Flächen hierzulande nur zur Produktion von Futtermitteln zu nutzen. 

Im Gegensatz dazu hat sich Österreichs ÖVP–Grünen–Regierung dazu entschlossen, in diesem Jahr auf Brachflächen den Anbau von Nahrungsmittelpflanzen zuzulassen. Eine entsprechende Ausnahmeregelung hatte die EU erst am 23. März beschlossen. Im EU-Verwaltungsausschuss hatte sich Deutschland als einziger EU-Mitgliedstaat gegen diese Regelung ausgesprochen.