Um das Gärtnerplatztheater zu München, das zweite, kleinere Opernhaus der Stadt, tobt ein Skandal von kosmischem Ausmaß. Die Sache geht zurück auf das Jahr 1927, als Ernst Krenek dortselbst seine Oper „Jonny spielt auf“ der Menschheit vorstellte. Darin hat ein schwarzer Musiker die Hauptrolle inne, damals von einem Weißen verkörpert, den man schwarz geschminkt hatte.
Heute ist jedem fortschrittlichen, politisch korrekten Menschen bewusst, dass es sich dabei um einen schweren Fall von Rassismus handelt, seinerzeit dachte man sich nichts dabei. Um aber das fehlende Feingefühl und den hemmungslosen Rassismus von damals dem heutigen Publikum klagend ins Gedächtnis zu rufen, hatte sich der Regisseur dazu entschieden, wieder einen Weißen schwarz anzumalen und den Jonny geben zu lassen.
Das war einmal zu oft ums Eck gedacht. Die versuchte paradoxe Darstellung der politischen Korrektheit durch ein schwarzes Gesicht wurde in ihrer gezwungenen Ironie nicht erkannt und führte zu einem lauten Aufschrei der Edlen. Der zentrale Vorwurf: „Blackfacing!“ Auch hier gilt indes, wie so oft, dass man bei Dingen oder Vorgängen, die englisch benannt werden, Vorsicht walten lassen sollte. Mittlerweile wurde ein Protestbrief an das Gärtnerplatztheater verfasst und von 600 empörten Kulturmenschen unterschrieben. Da heißt es unter anderem: „Wir sind entsetzt über Ihre bewusste Entscheidung für das Einsetzen rassistischer Codes, welche historisch in direktem Zusammenhang mit Anti-Schwarzem Rassismus und den schlimmsten Formen brachialer rassistischer Gewalt stehen.“
Das hat gesessen. Vor allem war es hohe Zeit, das brutale Gewaltpotential der Theaterschminke einmal hervorzuheben und anzuklagen. Wie gut, dass man in diesen Zeiten keine anderen Sorgen hat.
Der zentrale Vorwurf: „Blackfacing!“
Tatsächlich ist der Rassismus, der echte oder vorgebliche oder eingebildete, ein unverzichtbares Versatzstück all derer, die an der Formung des neuen Menschen arbeiten. Doch hier schließt sich sogleich ein weiteres Paradox an: Denn zu den Dogmen der Rassismus-Wächter gehört die Aussage, dass es keine menschlichen Rassen gebe. Woher aber dann ein Rassismus kommen kann, ist unerfindlich.
Da man sich aber schon einmal dazu entschlossen hat, gegen Augenschein und Logik zu argumentieren, kann es nicht überraschen, dass die Tugendpolizei auch die Erkenntnisse von Medizin und Humangenetik ignoriert. So unterscheidet sich die Produktion von gewissen Enzymen bei Weiß und Schwarz erheblich, bei beiden Bevölkerungsgruppen werden im Zusammenhang mit Lungen- und Nierenfunktion verschiedene Werte angesetzt, und in den USA wird bei bestimmten Medikamenten auf dem Beipackzettel auf die unterschiedliche Wirkweise bei Weiß und Schwarz aufmerksam gemacht.
Heute ist es zudem ein geringer Laboraufwand, anhand eines einzigen Tropfen Blutes festzustellen, ob der betreffende Kandidat Bantu ist, oder von mongolischem Herkommen, indianisch oder eben auch kaukasisch. Und warum auch nicht? Man sollte sich mehr vor Augen führen, was denn der Rassismus eigentlich ist. Er besteht nicht darin, dass man Unterschiede zwischen den Menschen feststellt, sondern wird dann wirksam, wenn man wegen der Unterschiede jemanden beleidigt, benachteiligt oder verfolgt.
Ein anderes Dogma der dauerempörten Anti-Rassisten lautet, dass ein Weißer niemals Opfer von Rassismus werden kann. Um das glaubhaft zu machen, greift man zu einer soziologischen Konstruktion, die in der Schichtung einer jeden Gesellschaft den sogenannten „strukturellen Rassismus“ – natürlich nur der Weißen – zu erkennen vorgibt. Den Zusammenhang stellt man so dar, dass in gemischten Gesellschaften die Schwarzen oftmals niedrigere Einkommen beziehen als die Weißen, und schon haben wir die rassistische Struktur. Damit aber vollzieht sich ein sonderbarer Wandel der Ideologie: Man versucht, die Rasse vom Rassismus abzukoppeln und stellt völlig auf die soziale Frage ab. Auf einer Seite des Bundesfamilienministeriums steht zu lesen: „Der Begriff ‚weiß‘ beschreibt eine gesellschaftliche Position, in der Menschen nicht negativ vom Rassismus betroffen sind. ‚Weiß‘ bezieht sich dabei nicht auf die Hautfarbe.“ Man sieht: Der Schwachsinn nimmt auch dort gerne Wohnung, wo die Regierenden zu Hause sind.
„Weiß-Sein ist nicht menschlich“
Freilich fällt es nicht schwer, ein Beispiel für strukturellen schwarzen Rassismus aufzuführen, und zwar in dem angeblich seit 1994 antirassistischen Südafrika. Die dortigen Weißen stehen unter dem Vorbehalt der sogenannten „Affirmativ Action“, eines Gesetzes, das, kurz gesagt, vorschreibt, dass kein Weißer, ungeachtet seiner Qualifikation, eine Arbeitsstelle bekommen darf, solange ein Schwarzer – ebenfalls unabhängig von dessen Qualifikation – Interesse daran bekundet. Dies wird manchmal mit dem Hinweis gerechtfertigt, nach 300 Jahren gehe es jetzt halt andersrum, doch mit der einst versprochenen Abkehr von jeder Diskriminierung hat das nichts zu tun.
Es geht aber noch weiter. Da gibt es im kanadischen Toronto einen Ableger der Bewegung „Black Lives Matter“. Eine der Gründerinnen, Yusra K. Ali, hat beliebt, einen Text ins Netz zu stellen, der folgendermaßen beginnt: „Weiß-Sein ist nicht menschlich. Tatsächlich ist die weiße Haut untermenschlich. Alle Grund-Typen befinden sich innerhalb der schwarzen Gemeinschaft. Weiße Menschen sind ein genetischer Defekt des Schwarz-Seins.“
Was kann man dazu sagen? Sicher ist mit dem Beispiel einer einzelnen dumm-aggressiven Ausfälligkeit keine endgültige Argumentation zu führen. Dass aber eine Organisation, die immerhin international Aufmerksamkeit genießt, das Pamphlet duldet, zeigt, dass die Aktivistin Ali nicht nur für sich spricht. Mit dem Begriff „untermenschlich“ aber begibt man sich in eine enge Nähe zum nationalsozialistischen Sprachgebrauch. Man muss sich nur überlegen, wie die Wirkung wäre, wenn man in diesen unsäglichen Sätzen „weiß“ und „schwarz“ austauschen wollte! Die Staatsanwaltschaft würde in voller Kampfstärke anrücken, und der Vorwürfe des Rassismus und der Menschenverachtung wäre kein Ende.