Afrika entwickelt sich offenbar zum Experimentierfeld bei der Digitalisierung menschlicher Identitäten. So können seit Anfang vergangenen Monats 73 der über 200 Millionen Nigerianer keine Anrufe mehr mit ihren Mobiltelefonen vornehmen, weil die SIM-Karten der Geräte gesperrt wurden. Das ist die Folge davon, dass die betroffenen Mobiltelefon-Besitzer nicht willens oder in der Lage waren, das Subscriber Identity Module (Teilnehmer-Identitätsmodul) mit der nigerianischen National Identity Number (NIN) verknüpfen zu lassen. Diese elfstellige Identifikationsnummer, die bereits vor zehn Jahren eingeführt wurde und unter der auch biometrische Daten gespeichert sind, benötigt jeder Nigerianer, um zu wählen, ein Bankkonto zu eröffnen, eine Krankenversicherung oder einen Führerschein zu bekommen und seine Steuererklärung einzureichen. Und 2020 teilte die staatliche Telekommunikationsbehörde Nigerian Communications Commission (NCC) dann mit, dass alle Mobiltelefone bis zum 31. März 2022 unter der NIN registriert werden müssten. Als Begründung hierfür diente die Notwendigkeit der effektiveren Kriminalitäts- und Terrorbekämpfung.

Allerdings hatten viele Nigerianer Datenschutzbedenken oder Probleme, eines der teilweise bis zu 250 Kilometer entfernten Registrierungszentren aufzusuchen. Das hielt die Regierung allerdings nicht davon ab, die Verknüpfung von SIM und NIN gegen den Willen der Bevölkerungsmehrheit durchzusetzen. Ähnliches passierte in Sambia und Kenia – und nun will auch Ghana die SIM-Karten der Mobiltelefone seiner Bürger mit anderen persönlichen Datensätzen abgleichen.

Die Speicherung der digitalen Identitäten der betroffenen Afrikaner erfolgt auf Serverfarmen, die größtenteils den US-amerikanischen Hightech-Giganten Google, Amazon und Microsoft gehören. Deshalb fürchten jetzt viele Menschen auf dem Schwarzen Kontinent, diesen Konzernen ausgeliefert zu sein. Dazu kommt die Angst vor einer umfassenden Überwachung durch den Staat.W.K.