27.04.2024

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Folge 19-22 vom 13. Mai 2022 / Gesundheit / Wieder Engpässe bei Medikamenten / Stockende Lieferketten sorgen auch in Apotheken für leere Regale – Kein Ersatz aus heimischer Produktion

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-22 vom 13. Mai 2022

Gesundheit
Wieder Engpässe bei Medikamenten
Stockende Lieferketten sorgen auch in Apotheken für leere Regale – Kein Ersatz aus heimischer Produktion
Wolfgang Kaufmann

Wie schon zu Beginn der Corona-Pandemie, als der Nachschub aus Asien stockte und die globalen Lieferketten zum Teil ganz kollabierten, bekommen Apothekenkunden jetzt vielfach wieder zu hören, dass ihre Tabletten momentan nicht lieferbar seien. Besondere Schwerpunkte bei den Engpässen gibt es keine. Sie betreffen das Krebsmedikament Tamoxifen ebenso wie das Antibiotikum Staphylex und diverse Schmerzmittel, Antiepileptika, Blutdrucksenker und Psychopharmaka. 

Das ist besonders dann fatal für die Patienten, wenn vergleichbare Arzneien nicht existieren oder ein Wechsel zu diesen nicht möglich ist. So wie im Falle von Staphylex, das den Wirkstoff Flucloxacillin enthält, den die Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf ihrer Liste der unentbehrlichen Substanzen führt. Oder im Falle von Tamoxifen, das Brustkrebspatientinnen vor Rückfällen schützen soll. Zehn bis 20 Prozent aller in Deutschland verordneten Medikamente können kaum substituiert werden. Insofern liegt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) teilweise falsch, wenn es behauptet, „ein Lieferengpass muss nicht gleichzeitig ein Versorgungsengpass sein“, weil es wirkstoffgleiche Präparate gebe, welche die Apotheken problemlos beschaffen könnten.

Kein Umsatz, keine Produktion 

Hamsterkäufe spielen keine Rolle, wenn es um die Ursachen der Misere geht – zumal das Horten ohnehin nur bei den frei verkäuflichen Pharmazeutika möglich wäre. Schon zu den gewichtigen Gründen für den Mangel zählt, dass es im Zuge der Globalisierung teilweise zu einer Konzentration der Produktion bestimmter Wirkstoffe in den Händen sehr weniger Hersteller kam. Manchmal blieb am Ende sogar nur ein einziger übrig. Und diese Unternehmen befinden sich vielfach im Ausland. 

Nur gut 30 Prozent der in der Bundesrepublik benötigten Medikamentenzutaten kommen aus Europa, der Rest stammt zumeist aus Asien. Jegliche Beeinträchtigungen des Herstellungsprozesses dort, die Zurückhaltung von Lieferungen aufgrund von Eigenbedarf sowie die weiterhin auftretenden Störungen der Transporte zwischen den Kontinenten können daher fatale Folgen haben. 

Oftmals produziert China die Ausgangsstoffe für die Medikamente. Diese werden dann in Indien weiterverarbeitet. Danach übernehmen Firmen in Drittländern die Verpackung, bevor das Ganze schließlich auf den mittlerweile recht störanfälligen Weg nach Europa geht. Dort ist wiederum eine ausgefeilte Logistik erforderlich, damit die Arzneimittel aus den Containerterminals der Überseehäfen in die Apotheken gelangen. 

Selbst wenn ein Unternehmen hierzulande angesiedelt ist, kann es die Entscheidung treffen, die Herstellung von Arzneien aus Kostengründen einzustellen. „Wir … haben keine Verpflichtung, etwas zu produzieren, woran wir nichts verdienen“, gibt die Berliner Firma Aristo Pharma, die Tamoxifen aus dem Angebot nahm, zu bedenken. Denn die gesetzlichen Krankenkassen würden nur einen Festpreis zahlen, der bei weniger als neun Cent pro Tablette liege.