19.04.2024

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Folge 19-22 vom 13. Mai 2022 / Oder-Region / Das Oderbruch zum Welterbe erhoben / Die Unesco zeichnet die alte preußische Kulturlandschaft mit dem begehrten Titel aus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-22 vom 13. Mai 2022

Oder-Region
Das Oderbruch zum Welterbe erhoben
Die Unesco zeichnet die alte preußische Kulturlandschaft mit dem begehrten Titel aus
Bodo Bost

Die Kulturlandschaft Oderbruch ist als Unesco-Welterbe anerkannt worden und erhält das europäische Kulturerbe-Siegel. Das teilte die EU-Kommission in Brüssel mit. Ausgezeichnet werde Europas größte besiedelte Polderlandschaft, weil die Ideale und Geschichte der EU hier in besonderer Weise symbolisiert würden, hieß es von der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft Kulturerbe Oderbruch (KAKO). 

In Letschin, dem Zentrum des Oderbruchs, entstand 2011 der Verein „Wir im Oderbruch“ zum Erhalt der im 18. Jahrhundert erschaffenen Kulturlandschaft. Der Verein erhob als erster die Forderung, das Oderbruch auf die Liste des Unesco-Weltkulturerbes zu setzten. 36 Oderbruch-Orte hatten sich dem Vorhaben angeschlossen. Die KAKO hatte die Bewerbung entwickelt. Das Oderbruch-Museum Altranft fungierte als Koordinationsstelle.  Mit der Auszeichnung wird das Bruch an öffentlicher und politischer Aufmerksamkeit gewinnen. Der ansonsten eher wenig bekannte Landstrich zwischen Küstrin und Bad Freienwalde in Brandenburg kann jetzt auf eine höhere Förderung hoffen und mit den Schlössern und Gärten in Berlin und Brandenburg und der Museumsinsel in guter Welterbegesellschaft mithalten.

Ein Kind Friedrichs des Großen

Der Welterbetitel ist vor allem eine Verneigung vor der Leistung des Preußenkönigs Friedrich II., der ab 1747 die berüchtigte Sumpflandschaft trockenlegen und durch ein ausgeklügeltes Wassersystem als Lebensraum erhalten ließ. Der Lauf der Oder zwischen Güstebiese und Hohensaaten wurde um 20 Kilometer verkürzt, Gräben, Drainagen und Deiche wurden angelegt. 

Am 1. Juli 1753 war das gewaltige Werk vollbracht. In Letschin steht ein Denkmal für Friedrich den Großen als sichtbares Zeichen des Dankes, das schon zu DDR-Zeiten wieder an seinen Platz gestellt wurde. Die Trockenlegung war nur der erste Schritt, auf den ein gewaltiges Kolonisierungsprojekt folgte. Auf der gewonnenen Fläche wurden 1300 Kolonistenfamilien „angesetzt“, wie es Theodor Fontane nannte. Sie waren aus allen Teilen Deutschlands an die Oder geholt worden, darunter Pfälzer, Schwaben, Franken, Westfalen, Vogtländer, Mecklenburger, Österreicher und Böhmen; aber auch Polen und Hugenotten zogen her. 

Das Oderbruch hat ein einzigartiges Gewässersystem und eine Siedlungsstruktur mit ihren Loose-Gehöften, wie sie nur dort vorhanden sind. Das Bruch ist nicht die einzige deutsche Landschaft, der die Unesco den Welterbetitel zugestanden hat. Insgesamt 48 Stätten europaweit haben bisher das Siegel erhalten, in Deutschland sind es fünf. So trägt seit dem Jahr 2000 die Gartenlandschaft Dessau-Wörlitz diesen Titel. Auch das Mittelrheintal und das Wattenmeer sind Welterbestätten der Unesco. Gleiches gilt für den Pückler-Park in Bad Muskau und das Erzgebirge als Bergbaulandschaft, das diesen Titel gemeinsam mit der Region auf der böhmischen Seite der Grenze trägt. 

Das Oderbruch blieb nicht das Einzige, das Friedrich II. im 18. Jahrhundert trockenlegen ließ, auch in den Niederungen der Warthe in der heutigen Republik Polen hatte der König Land für Kolonisten geschaffen. Allerdings blieb das Warthebruch ein unvollendetes Werk. 

Nach der Trockenlegung nach dem Siebenjährigen Krieg (1756-1763) mangelte es an Geld, deshalb wurde nur der östliche Teil verbessert. Der westliche vom heutigen Sonnenburg bis Küstrin blieb eine natürliche Auenlandschaft, die jedes Jahr im Frühling vom Hochwasser überflutet wird.