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Folge 19-22 vom 13. Mai 2022 / Gesellschaft / Soziologe warnt vor naiver Toleranz / Hans-Peter Schwöbel greift prägnant und meinungsstark aktuelle Themen auf und kritisiert die Moralisierung der politischen Debatte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-22 vom 13. Mai 2022

Gesellschaft
Soziologe warnt vor naiver Toleranz
Hans-Peter Schwöbel greift prägnant und meinungsstark aktuelle Themen auf und kritisiert die Moralisierung der politischen Debatte
Dagmar Jestrzemski

Zu den Themen und Fragen unserer Zeit äußert sich der Soziologie, Schriftsteller, Poet, Kabarettist und Entwicklungshelfer Hans-Peter Schwöbel regelmäßig prägnant und meinungsstark in seiner Mundart-Kolumne „Schwöbels Woche“ im „Wochenblatt Mannheim“ sowie auf seiner Internetseite. 

Sein neuer Essayband „Fluchtkulturen. Essays und Plädoyers 2“ umfasst leicht verständliche, kurz gefasste Analysen zu gesellschaftlichen und politischen Prozessen. Dass diese von einer linksgrünen Meinungshoheit dominiert werden, prangert der Autor an, oftmals in Form der Satire. 

Die selbst empfundene moralische Überlegenheit der medialen Wortführer würden diese selbst gern als Haltung bezeichnen, verstünden unter Vielfalt aber nicht Meinungsvielfalt und ließen breite Diskussionen nicht zu. Darüber ist er empört: „Mit Verurteilungen und Verdächtigungen gegenüber Andersdenkenden haben wir in Deutschland genug Erfahrungen gemacht. Es muss nicht noch einmal sein.“ Fast alle heutigen Themen hätten bereits in den 1980er Jahren auf dem Tisch gelegen, so Schwöbel. Als Soziologieprofessor habe er dazu Diplomarbeiten vergeben und betreut. Gerade deshalb verwahrt er sich gegen die schrillen Tonlagen und Bewegungen wie die hysterische Klimadebatte. 

Der inhaltliche Schwerpunkt „Fluchtkulturen“ beschäftigt sich mit den Risiken durch „gewaltige kulturelle Distanzen“, die sich auftun aufgrund der hohen Zahl von Zuwanderern aus Ländern, in denen die europäisch-amerikanische Aufklärung nicht vollzogen wurde und in denen unser Verständnis von Toleranz unbekannt ist. Wo die aufklärerischen Wurzeln der westlichen Zivilisationen aber nicht mehr konkret bewusst sind und Zugewanderte, die diese Grundwerte nicht achten und unsere Freiheit angreifen, aus Angst nicht kritisiert werden, würden die „Kulturfluchten“ in unserem Land nicht als eine reale, große Gefahr wahrgenommen. 

Jedoch: „Seit Menschengedenken wachsen Tyranneien aus dem Primat der Frömmigkeit.“ Jede Gesellschaft benötige Achtung vor dem weltlichen Recht, benötige Stabilität, Verlässlichkeit, Kontinuität und Grenzen. Schwöbel spricht sich für Vielfalt und religiöse Toleranz aus, warnt aber vor der naiven Vorstellung einer Anerkennung oder Übernahme unserer Grundwerte binnen kurzer Zeit. 

Weitere Themen sind „Framing: Aus dem Rahmen fallen“, „Alle Wetter! Unser Klima!“, die Rassismusdebatte und Corona. Der Übergang zu besinnlichen und poetischen Betrachtungen gelingt hier mühelos.

Hans-Peter Schwöbel: „Fluchtkulturen. Essays und Plädoyers 2“, Heureka! Verlag der Ostwestfalen-Akademie, Borgentreich 2021, gebunden, 160 Seiten, 21,34 Euro