24.04.2024

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Folge 19-22 vom 13. Mai 2022 / Für Sie gelesen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-22 vom 13. Mai 2022

Für Sie gelesen

Blind für das Offensichtliche

Ayelet Gundar-Goshen, Psychologin und Schriftstellerin, ist in Israel geboren und hat einige Zeit in den USA gelebt. So hat sie sich ein umfangreiches Wissen über die verschiedenen Kulturen angeeignet, die in ihrem vierten Roman „Wo der Wolf lauert“ zum Tragen kommen. 

Die Romanheldin Lilach lebt mit ihrem Mann Michael und dem Teenagersohn Adam in einem verschlafenen Ort in New Jersey. Sie sind in die USA ausgewandert, weil sie den Kriegen und dem Terror in Israel entfliehen wollten. Doch auch dort schlägt die Gewalt zu. Eine Synagoge wird überfallen und eine junge Jüdin erstochen. Tage später wird ein muslimischer Klassenkamerad von Adam bei einer Feier tot aufgefunden. Die Polizei geht von einer Vergiftung aus. Lilach hat Angst um ihren Sohn. Ihr Mann ermuntert Adam, zu einem Selbstverteidigungskurs zu gehen. Der charismatische Trainer Uri, ein ehemaliger Soldat in Israel, begeistert den Jungen. Plötzlich kommt die Polizei ins Haus und untersucht Adams PC. Adam soll dem muslimischen Jungen bedroht haben. Seltsamerweise ist auch das Chemielabor aus der Garage verschwunden.  

Einfühlsam schildert Gundar-Go-shen aus Sicht der Mutter Lilach, wie eine Tat in dem Ort eine Eigendynamik annimmt, wie die Menschen Dinge deuten und doch das Offensichtliche nicht wahrnehmen. Der fesselnde Roman erinnert an William Goldings großen Erfolg „Herr der Fliegen“. 

Angela Selke

Ayelet Gundar-Goshen: „Wo der Wolf lauert“, Kein & Aber Verlag, Zürich 2021, gebunden, 26 Euro





Eine Kindheit in Böhmen

Gabriele Sonnenbergers Romandebüt „Abschied von der Heimat“ basiert auf den Erlebnissen ihrer Mutter, die Ende November 1945 aus Böhmen vertrieben wurde. Im Mittelpunkt der Geschichte steht Erika, die aus dem von Hungersnot geplagten Rheinland im Alter von fünf Jahren zur Schwester der Mutter nach Hohenfurth geschickt wird. Der Aufenthalt sollte nur so lange dauern, bis sich die Lage entspannt hat, doch die alleinstehende Tante gibt das Kind nicht mehr heraus.

Im geschützten Raum des böhmischen Dorfes wächst Erika unbekümmert auf und erhält unter den Fittichen ihrer Tante, der angesehenen Dorflehrerin, eine fundierte Bildung, die sie zum Studium befähigt. Dass diese Idylle trügt, zeigt sich spätestens, als Dorfbewohner sich dem NS-Regime anschließen. Mäßig spannend, aber doch flüssig liest sich der Auftaktband dieser Familiensaga, deren Fortsetzung im Herbst erscheinen soll.MRK

Gabriele Sonnberger: „Abschied von der Heimat. Eine böhmische Familiensaga“, Lübbe Verlag, Köln 2021, Taschenbuch, 524 Seiten, 14,99 Euro