26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 20-22 vom 20. Mai 2022 / Ukrainekrieg / US-Beobachter warnen vor Desaster / Möglicherweise werde der Westen wie vergangenes Jahr in Afghanistan Opfer der eigenen Propaganda

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-22 vom 20. Mai 2022

Ukrainekrieg
US-Beobachter warnen vor Desaster
Möglicherweise werde der Westen wie vergangenes Jahr in Afghanistan Opfer der eigenen Propaganda
Norman Hanert

Als die Taliban im Sommer 2021 nach dem überstürzten Abzug internationaler Truppen innerhalb weniger Tage die Macht in Afghanistan übernahmen, war dies für die Öffentlichkeit in den westlichen Ländern ein Schock. In kürzester Zeit wurde klar, dass 20 Jahre Militäreinsatz, der Versuch eines Staatsaufbaus und Milliarden von Entwicklungshilfe offenbar umsonst gewesen sind. Die Überraschung der Öffentlichkeit hierzulande zeigte ebenso, dass auch viele Medien jahrelang ein geschöntes Bild von der Lage in Afghanistan gezeichnet haben.

In den USA warnen einige kritische Beobachter nun davor, der Westen könnte auch im Fall der Ukraine die eigene Propaganda für die Realität halten. Derzeitige Wortmeldungen von Politikern lassen darauf schließen, dass sie inzwischen tatsächlich einen Sieg der ukrainischen Streitkräfte für möglich halten. Erst kürzlich erklärte etwa der stellvertretende NATO-Generalsekretär Mircea Geoana am Rande eines Treffens der NATO-Außenminister in Berlin: „Dank des Muts der ukrainischen Armee und unserer Hilfe kann die Ukraine diesen Krieg gewinnen.“

Die Frage ist: Liefern die Berichte über einzelne taktische Siege der ukrainischen Streitkräfte, etwa die Rückeroberung von Gelände bei Kiew und Charkiw oder die Versenkung des russischen Kriegsschiffs „Moskwa“ wirklich ein realistisches Bild der Gesamtlage in der Ukraine?

In den USA können sich einige sehr skeptische Beobachter des Kriegsgeschehens in der Ukraine mitunter auf eigene Erfahrungen als frühere Militärangehörige stützen. Beim reichweitenstarken TV-Sender Fox-News ist beispielsweise der pensionierte Oberst Douglas Macgregor regelmäßig Interviewpartner bei Starmoderator Tucker Carlson. Der Militärtheoretiker war bereits in der Anfangsphase des Krieges sehr skeptisch bezüglich der Aussichten der ukrainischen Armee. Obwohl ihm dies den Vorwurf einbrachte, ein „Putin-Versteher“ zu sein, hält der Trump-Vertraute an seiner aus westlicher Sicht pessimistischen Einschätzung fest.

Irrglaube des Westens

Der kalifornische Journalist Ian Kummer, der eine militärische Ausbildung bei der US-Nationalgarde erhalten hat, warnt sogar vor der Gefahr, dass der Glaube an die eigene Propaganda den Westen ruinieren könne. Während Russland den Ukrainekrieg „unbegrenzt lange durchhalten“ könne, sieht der Kalifornier die westliche Seite schon nach kurzer Zeit mit derart hohen Kosten konfrontiert, das sie vermutlich nicht lange durchzuhalten seien. „Nach nicht einmal drei Monaten gibt Washington Dutzende Milliarden Dollar aus, um das Spiel noch ein bisschen am Laufen zu halten“, so Kummer. 

Den passenden Zeitpunkt für eine Intervention der NATO, aber auch für eine ukrainische Gegenoffensive sieht Kummer als längst verpasst an. Eine ukrainische Gegenoffensive hätte in einer frühen Phase des Kampfes stattfinden müssen, als noch Kommandostrukturen, Flugzeuge, Panzer und – vielleicht am wichtigsten – Treibstoff vorhanden waren.

Auch eine Lageeinschätzung, die Anfang Mai auf dem linken Nachrichten-Blog „Moon of Alabama“ veröffentlicht wurde, enthält die Warnung, der Westen habe angefangen, im Fall der Ukraine die eigene Propaganda zu glauben. Der weitverbreiteten Darstellung, der russische Vormarsch komme kaum voran, stellte der Autor seine Analyse der aktuellen Situation in der Ostukraine entgegen. Demzufolge haben die dortigen ukrainischen Truppen von Kiew den Befehl erhalten, die Stellungen unbedingt zu halten, während sie gleichzeitig von schwerer russischer Artillerie immer mehr pulverisiert würden. „Ihre Artillerie hört niemals, niemals auf“, so ein Major der ukrainischen Armee, der in dem Artikel neben anderen Augenzeugenberichten zitiert wird. 

Trifft die Einschätzung einer derzeit laufenden Auslöschung der ukrainischen Truppen im Donbass zu, dann kann dies kriegsentscheidend sein. Fast alle Beobachter des Konflikts gehen davon aus, dass die Ukraine einen Großteil ihrer am besten ausgebildeten Truppen an diese Front geworfen hat. „Indem die ukrainische Führung den Befehl zum Halten der Linie ausgegeben hat, trägt sie zur Demilitarisierung der Ukraine durch die Russen bei“, so das Fazit. 

Als mögliche Folge der Ausschaltung der ukrainischen Eliteverbände im Donbass wird in dem Artikel ein plötzlicher Vormarsch russischer Truppen in Richtung Kiew, Charkiw und Odessa im Laufe des Sommers oder Herbstes genannt.