28.03.2024

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Folge 20-22 vom 20. Mai 2022 / Dorfsage / Der Teufelsbaum von Golchen / Dreizack oder Kartoffelkratzer – Das Rätsel um einen Birnbaum

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-22 vom 20. Mai 2022

Dorfsage
Der Teufelsbaum von Golchen
Dreizack oder Kartoffelkratzer – Das Rätsel um einen Birnbaum
K.-H. Engel

Im vorpommerschen Dorf Golchen steht frei zugänglich am Feuerwehrteich ein geheimnisvoller Birnbaum mit einem Dreizack im Stamm. Dicht unter dem Laubschirm in 1,80 Metern Höhe steckt das rostige Eisenteil. Beging hier jemand eine Untat, vom Frevel am Obstgehölz mal abgesehen? Der Dreizack soll jedenfalls seit Menschengedenken, ja, wie man in dem 280 Einwohner zählenden Dorf weiß, schon viel, viel länger tief im Stammholz sitzen. Die Frage nach dem Warum quittieren die Golchener mit Schulterzucken, verweisen aber auf eine Sage.

Sagenumwoben

Die führt zurück in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges, als Pommern in Schutt und Asche sank. Beelzebub, der Teufel, allerdings soll in all der Verwüstung einen Schatz gehoben haben. Da auch er den Machtverhältnissen misstraute, suchte er nach einem Versteck. Ihm kam die Idee, drei Bäume mit einem Dreizack zu markieren. Er wählte zum einen den Golchener Birnbaum. Die beiden anderen standen in Nachbardörfern oder dem, was von ihnen geblieben war. 

Im Schnittpunkt der Dreizackbaum-Verbindungen soll der Gehörnte, so die Überlieferung, Gold, Silber und Edelstein heimlich vergraben haben, auf dass er die Kostbarkeiten mittels seiner Orientierungshilfe wieder finden würde. Ob sein Kalkül aufging? Niemand weiß es. 

Später jedoch soll irgendjemand den Golchenern etwas von dem Teufelswerk geflüstert haben, sodass sich einige Wissende auf Schatzsuche machten. Doch brachen sie die Unternehmung alsbald ab, weil in den Nachbardörfern partout keine Baummarkierungen zu finden waren. Der Birnbaum aber wird bis zum heutigen Tage Teufelsbaum genannt. 

Kann wirklich etwas dran sein an der Geschichte? Bei den Dorfbewohnern ist es mit der Sagengläubigkeit nicht weit her. Auch wer sich mit Obstbäumen auskennt, schüttelt den Kopf. Der Golchener Birnbaum, bereits mehrmals gestutzt, was ihm Altersgebrechen größtenteils ersparte, weist zwar einen beachtlichen Stammumfang von fast drei Metern auf. Doch dürfte er wohl allerhöchstens 150 Jahre alt sein. 

200 Jahresringe fehlen

Um im Dreißigjährigen Krieg schon Baum genannt zu werden, fehlen ihm folglich mehr als 200 Jahresringe. Außerdem: Steckt da wirklich ein Dreizack in seinem Holz? Bei genauem Hinsehen könnte es auch ein gewöhnlicher Kartoffelkratzer sein wie er früher beim Knollenroden in Gebrauch war, ohne Stielfassung freilich. Aber wer hieb ihn in den Stamm, und was war der Grund dafür? Das wird wohl immer im Verborgenen bleiben. 

Doch was wäre der Golchener Teufelsbaum ohne sein Rätsel? Ein betagter Birnbaum eben, von denen es in den meisten Orten welche gibt. Gut anzusehen im Kleid seiner Blüten und in der Pracht der Früchte. Viel mehr aber nicht. Bleibt ihm also zu wünschen, dass er noch viele Jahre für sich hat und sein Geheimnis weiter die Phantasie der Betrachter beflügelt.

Golchen liegt zirka zwölf Kilometer nördlich von Altentreptow und zirka 22 Kilometer südöstlich von Demmin