25.04.2024

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Folge 20-22 vom 20. Mai 2022 / Volksmusik / Weisen vom Memelland zum Pommernstrand / Die Geigenleut’ präsentieren Volksmusik aus dem Norden, wie sie einst gepflegt wurde

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-22 vom 20. Mai 2022

Volksmusik
Weisen vom Memelland zum Pommernstrand
Die Geigenleut’ präsentieren Volksmusik aus dem Norden, wie sie einst gepflegt wurde
Winfried S. Küttner

Erstaunlich das Phänomen – in diesen Zeiten von Corona und Rap-Musik: Das selige Melodien spielende Ensemble Geigenleut’ erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Es pflegt vor allem nordostdeutsches Kulturgut. Volkslieder, Volkstänze, letztere mühsam beschafft, dazu neue Vertonungen von Gedichten von Ernst-Moritz Arndt oder Bernhard Trittelvitz etwa: Das rührt das Herz der Zuhörer an.

Zu Hause sind die Geigenleut’ im Rheinland. In Geigen-betonter Besetzung spielen sie die Musik „vom Ostseestrand“ konzertant und in völlig eigenständiger Weise. Dabei ist der prägende Geigenklang das Original, das jahrhundertelang in Pommern und Ostpreußen gepflegt wurde, bis schließlich organisierte städtische Blasmusik das Genre übernahm und veränderte. 

Gründer der Gruppe ist der Geiger und Komponist Winfried S. Küttner, PhD, dessen Familie aus dem hinteren Hinterpommern (im östlichen Kreis Lauenburg) stammt und der mit Unterbrechungen seit über 50 Jahren im Mönchengladbacher Raum wohnt. Küttner, der an der Musikhochschule Hannover sein Examen gemacht hat, engagiert sich über das Musikalische hinaus in der Vertriebenenarbeit: in der Pommerschen Landsmannschaft Nordrhein-Westfalen und im Bund der Vertriebenen (BdV). 

Das Ensemble ist mit zwei Geigen, einer Gitarre und einem Kontrabass besetzt, kann aber auch als Duo auftreten. Und natürlich wird auch gesungen. 

Am 1. April konzertierte die Gruppe in Düsseldorf, am 30. April in Solingen – jeweils eine Wiedereinladung. Aus dem vielfältigen Programm war den meisten Zuhörern „Und der Hans schleicht umher“ bekannt – das Lied wurde früher deutschlandweit gesungen. Da gab es eine Arndt-Vertonung von Küttner, ein Lied vom gebürtigen Stettiner Knut Kiesewetter und so manche Tänze – so der „Wolliner“, der „Belgarder Viertour“ und der „Dargeröser Fingerschottisch“. Die Konzerte begannen mit einer mysteriösen Weise aus dem Memelland und endeten mit dem Pommernlied. 

Das Musikprojekt Geigenleut‘ wurde 2017 gegründet. Es hat sich zum Ziel gesetzt, die alten Volkstänze und Volkslieder vorwiegend des Norddeutschen und des Ostseeraumes aus ihrem Dornröschenschlaf zu wecken, und das nicht nur vor Vertriebenen, sondern in der Öffentlichkeit. Auch das gelingt – trotz der Ausbremsung durch die Corona-Pandemie. Die meisten pommerschen und ostpreußischen Tänze werden ja kaum noch oder gar nicht mehr gespielt, die Lieder nicht mehr gesungen. 

Geigenleut’ ist ein durchaus bedeutsames Projekt. Gefördert vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen verwirklicht es doch den Auftrag des Bundesvertriebenengesetzes nach Paragraph 96 mit dem Ziel, „das Kulturgut der Vertreibungsgebiete in dem Bewusstsein der Vertriebenen und Flüchtlinge, des gesamten deutschen Volkes und des Auslandes zu erhalten und weiterzuentwickeln und die kulturelle Identität vertriebener Bevölkerungen generationsübergreifend zu bewahren und zu vertiefen“. 

Von Küttner, der – wie erwähnt – das Projekt Geigenleut’ ins Leben gerufen hat, werden die Lieder und Tänze so durchkomponiert, dass ihre rhythmische Vielfalt und melodische Schönheit unangetastet bleiben. Küttner greift damit den Impuls der im Baltikum und in den skandinavischen Ländern nach wie vor gepflegten Tradition von Volksmusik auf, die dort zu einer lebendigen Musikszene geführt hat. Entstanden ist eine klangfreudige und durchaus anspruchsvolle Musik, auch für die Spieler, die mit großer Freude bei der Sache sind.

In Düsseldorf jedenfalls erklatschten sich die Zuhörer Zugaben. Und in Solingen? Ein beglücktes Publikum, Begeisterung, Zugaben. Dazu die Frage: „Wann kommen Sie wieder?“

Winfried S. Küttner ist Vorsitzender der BdV Kreisgruppe Mönchengladbach e.V. und im Vorstand der Pommerschen Landsmannschaft NRW e.V., Telefon: (0151) 22824544, E-Mail-Kontakt unter: siebensaiten@gmx.de