16.04.2024

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Folge 20-22 vom 20. Mai 2022 / Afghanistan / Verlorener Kampf gegen den Terror / Emran Feroz hält dem Westen einen Spiegel vor, indem er die Frage stellt, warum dieser zur Durchsetzung seiner Werte diese vor Ort verletzt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-22 vom 20. Mai 2022

Afghanistan
Verlorener Kampf gegen den Terror
Emran Feroz hält dem Westen einen Spiegel vor, indem er die Frage stellt, warum dieser zur Durchsetzung seiner Werte diese vor Ort verletzt
Wolfgang Kaufmann

Der längste Krieg, den die Vereinigten Staaten von Amerika jemals führten, dauerte vom 7. Oktober 2001 bis zum 30. August 2021 und fand in Afghanistan statt. Sein erklärtes Ziel bestand in der Ausmerzung des Regimes der Taliban, die nach dem Abzug der US-Truppen freilich nun erneut an der Macht sind. 

Dieser somit verlorene Feldzug wurde schon vielfach in Büchern beschrieben, jedoch bislang noch nie aus dezidiert afghanischer Perspektive. Insofern füllt „Der längste Krieg. 20 Jahre War on Terror“ aus der Feder des afghanischstämmigen Journalisten Emran Feroz eine wichtige Lücke. Andererseits argumentiert der Verfasser aber höchst parteiisch und zeichnet das westliche Engagement in der anfänglich zunächst größten Brutstätte des internationalen islamischen Terrorismus in den allerschwärzesten Farben, ohne dabei zugleich auch deutlich zu thematisieren, dass der endlose afghanische Bruderzwist zwischen den Anhängern verschiedener politisch-religiöser Positionen maßgeblich mit zur Brutalisierung des Krieges beitrug.

Ansonsten liegt Feroz jedoch vollkommen richtig, wenn er dem Westen einen Spiegel vorhält und die Frage stellt, wieso dieser „seine eigenen, stets proklamierten Werte vor Ort aufs Schlimmste verletzt“ habe, wenn er doch angeblich für die Durchsetzung genau dieser Werte in den „Krieg gegen den Terror“ gezogen sei. Wie können Koalitionen mit Drogenbaronen, Folter, illegale Hinrichtungen sowie der Massenmord an Zivilisten unter Einsatz von Drohnen und Bomben jemals zur Durchsetzung von Menschenrechten und Demokratie beitragen?

Und weshalb nahmen die Amerikaner und deren Verbündete eigentlich sehenden Auges in Kauf, dass ihr Vorgehen immer neue Terroristen produzierte, anstatt den Terrorismus auszutrocknen? Feroz äußert in diesem Zusammenhang den nicht von der Hand zu weisenden Verdacht, man habe hierbei wohl scheitern wollen. Denn letztendlich seien im Zuge des „Krieges gegen den Terror“ nicht nur die Rechte der afghanischen Bevölkerung mit Füßen getreten worden, sondern auch die der Menschen in den sogenannten Demokratien des Westens. Unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung habe die systematische Überwachung von Millionen normaler Bürger einen gewaltigen Schub erfahren. Und tatsächlich trug der längste Krieg der USA mit dazu bei, dass jetzt rund um den Globus dystopische Zustände herrschen, was die Kontroll- und Eingriffsmöglichkeiten des Staates betrifft. 

Emran Feroz: „Der längste Krieg. 20 Jahre War on Terror“, Westend Verlag, Frankfurt/Main 2021, broschiert, 224 Seiten, 18 Euro