24.04.2024

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Folge 21-22 vom 27. Mai 2022 / Ukrainekrieg / EU-Sanktionsgewinnler Hellas und Türkei / Athen und Istanbul wissen die Interessen ihrer Völker gegenüber Brüssel und Washington zu verteidigen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-22 vom 27. Mai 2022

Ukrainekrieg
EU-Sanktionsgewinnler Hellas und Türkei
Athen und Istanbul wissen die Interessen ihrer Völker gegenüber Brüssel und Washington zu verteidigen

Die Weigerung der ungarischen Regierung, sich einem Boykott der EU gegen russisches Öl anzuschließen, hatte einen Blitzbesuch der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Budapest zur Folge. Wesentlich weniger beachtet wurde, dass auch Regierungsvertreter Griechenlands Vorbehalte gegen einen Ölboykott vorgebracht haben. Relativ geräuschlos, aber dafür effektiv ist es Griechenland gelungen, seine Interessen im Sanktionsregime der EU zu wahren.

Bereits am 8. April hatte die EU im Rahmen ihrer fünften Sanktionsrunde gegen Russland angekündigt, die Häfen der EU-Mitgliedsstaaten für Schiffe der russischen Handelsflotte zu sperren. Mit dieser Maßnahme wollte die EU insbesondere den Transport russischen Öls mit Schiffen aus EU-Staaten unterbinden.

 Wie sich inzwischen gezeigt hat, ist es Russland dennoch gelungen, seine Ölexporte auf dem Seeweg auf dem bisherigen Niveau aufrechtzuerhalten. Dies liegt sehr stark an der Rolle griechischer Schiffsreeder. Nach Daten des Londoner Schifffahrt-Registers Lloyd’s List verließen allein im April 190 Tanker russische Häfen. Davon standen 76 unter griechischer Flagge. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet, hat die EU inzwischen den Plan fallengelassen, den Transport russischen Öls mit Schiffen aus EU-Staaten zu verbieten. 

Brüssels Rückzieher soll nicht zuletzt auf Bemühungen der griechischen Regierung unter Kyriakos Mitsotakis (Nea Dimokratia) zurückgehen. Laut griechischen Presseberichten hatten zuvor Vertreter der Reeder persönlich bei Mitsotakis gegen die EU-Pläne interveniert. Wie aus den Daten des Londoner Schiffsversicherers Lloyd’s hervorgeht, ist es griechischen Reedern inzwischen sogar gelungen, ihren Anteil am russischen Öltransport gegenüber dem Vorjahr fast zu verdreifachen.

Der Türkei sicherte sich eine Ausnahmestellung im Sanktionsregime. Als einziges NATO-Land beteiligt sich Ankara generell nicht an den Sanktionen des Westens gegen Russland.

Besonders stark macht sich dies im Luftverkehr bemerkbar. Neben Dubai ist Istanbul derzeit für russische Fluglinien eine der letzten verbliebenen Drehscheiben mit internationalen Anbindungen. Im Gegensatz zu den EU-Staaten hält die Türkei ihren Luftraum für den Flugverkehr mit Russland weiterhin offen. 

Der US-amerikanische Finanzjournalist Tom Luongo wies unlängst auf die Möglichkeit einer russisch-türkischen Symbiose im Finanzsektor hin. Da sei auf der einen Seite die Gazprombank, die hohe Exporterlöse in US-Dollar generiert. Und auf der anderen Seite die Türkei, die laut Bloomberg derzeit an Plänen arbeitet, ausländischen Investoren vier Prozent Zinsen in US-Dollar zu garantieren, wenn sie türkische Anleihen kaufen. Laut Luongo könnten der türkische Finanzbedarf und die hohen russischen Finanzreserven in einem Geschäft zum gegenseitigen Vorteil münden, bei der die Gazprombank ihre Euros und Dollars in der Türkei investiert und 

Garantiezinsen kassiert, während die Türkei an dringend benötigte Devisen kommt.N.H.