25.04.2024

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Folge 21-22 vom 27. Mai 2022 / Edward VIII. / Der britische König, der abdankte / Vor einem halben Jahrhundert starb der Onkel und Vorvorgänger der aktuellen Queen Elizabeth II.

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-22 vom 27. Mai 2022

Edward VIII.
Der britische König, der abdankte
Vor einem halben Jahrhundert starb der Onkel und Vorvorgänger der aktuellen Queen Elizabeth II.
Heinrich Prinz von Hannover

Innerhalb seiner Familie, der sogenannten Firma, hörte er auf den Rufnamen David. Edward Albert Christian George Andrew Patrick David war der Erstgeborene von fünf Jungen und einem Mädchen des Königs von Großbritannien George V. und dessen Ehefrau, der deutschen Prinzessin Mary von Teck aus Württemberg. Am 23. Juni 1894 kam der Onkel der aktuellen Queen Elizabeth II. in der White Lodge am Richmond Park bei London zur Welt. Die Jugendjahre verbrachte David mit seinen Geschwistern im York Cottage, einem Landhaus auf dem Gelände der königlichen Residenz Sandringham in der englischen Grafschaft Norfolk. Die Mutter war keine herzenswarme oder schmusende Mutter. Auf ihre Kinder wirkte sie streng und distanziert. Der Vater litt unter Verdauungsstörungen, rauchte exzessiv und soll grob und aufbrausend im Umgang mit der Familie gewesen sein.

Mit der Thronbesteigung des Vaters als George V. übersiedelte die Familie 1910 in den Buckingham Palace nach London. Vier Jahre später erlebte der junge Prince of Wales, wie in Europa die Lichter ausgingen und der Erste Weltkrieg entbrannte. Der Deutsche Kaiser Wilhelm II. und König George V. – beide waren Enkel von Königin Victoria – verstanden nur langsam, wie tief der Hass zwischen den beiden Nationen wirklich war. Ende Oktober 1914 verärgerte der Kaiser seinen Stab, weil er sich mit britischen Kriegsgefangenen liebenswürdig auf Englisch unterhielt. George V. verbot seinem dritten Sohn und Wilhelms II. Patensohn Henry Kadetten des Eton College zu einem Lager mit deutschen Kriegsgefangenen zu begleiten, weil der König es für geschmacklos hielt, deutsche Gefangene hinter Stacheldraht zu beschauen.

Edward war seit 1911 Angehöriger der Royal Navy. Im Ersten Weltkrieg bekam er auf sein Bitten hin ein kleines Kommando als Offizier an der Westfront bei den Grenadier Guards. Er sollte sich aber als designierter Thronfolger aus direkter Gefahr für Leib und Leben heraushalten. Einmal geriet er in einen deutschen Artillerieangriff. Von da an diente er nicht mehr an der Hauptkampflinie. Trotzdem bekam er 1916 das Military Cross verliehen. 1918 unternahm er als erster Kronprinz einen militärischen Flug. Den Pilotenschein erwarb er nach seinem jüngeren Bruder Albert, der innerhalb der Familie Bertie genannt wurde.

Mit zunehmender Dauer nahm der Krieg von beiden Seiten immer schrecklichere Züge an. Daraufhin genehmigte König George V. 1917 nolens volens einen Erlass des britischen Kronrats, dass sein Haus und seine Familie „als das Haus und die Familie von Windsor bezeichnet und genannt werden“. Das englische Königshaus trennte sich offiziell von seinem deutschen Familiennamen „Sachsen-Coburg und Gotha“ und ersetzte ihn durch „Windsor“ – nach dem gleichnamigen Schloss westlich von London. Sämtliche deutsche Nachkommen Königin Victorias, die britische Staatsbürger waren und britische Titel trugen, mussten diese aufgeben.

Liebling der Medien und Frauen

In der Zwischenkriegszeit erfreute sich der Prince of Wales in der Öffentlichkeit und in der Presse ausgesprochen großer Beliebtheit. Frauen fühlten sich zu ihm hingezogen. Er sah gut aus, war charmant, umgänglich und redegewandt. Er wirkte energiegeladen und kompetent, unkompliziert, modern und menschenfreundlich. 

Aus seinem nahen Umfeld erfuhr man aber auch Gegenteiliges: Er sei neurotisch, trinke zu viel Alkohol, mache einen unglücklichen Eindruck und wirke furchtbar verlebt.

Nach einigen unbedeutenden Affären, die kaum in die Öffentlichkeit gerieten, lernte Edward 1931 seine nächste – und letzte – Geliebte kennen, die keine Kompromisse duldete, Wallis Simpson. Die 1896 in Baltimore geborene US-Amerikanerin war eher als mondän denn als schön zu bezeichnen. Sie war die zweite Ehefrau des New Yorker Geschäftsmann Ernest Simpson, der nach England gekommen war, um einen Firmenableger seines Vaters in London zu übernehmen. In höfischen Kreisen war die Liaison ein offenes Geheimnis.

Noch vor deren „Machtergreifung“ in Deutschland, im Jahre 1932, bemerkte König George V., dass Edward mit den Nationalsozialisten sympathisierte. Eine geplante Reise des Prince of Wales zu der Hochzeit seiner Cousine Prinzessin Sibylla, der späteren Mutter des aktuellen schwedischen Königs Carl XVI. Gustaf, nach Coburg wurde ihm verboten, da der Vater der Braut, Herzog Carl Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha, Propaganda für den Nationalsozialismus machte. Bis zum Sommer 1935 hatte sich Edward in seinen Ansichten so weit von der offiziellen Deutschlandpolitik der Londoner Regierung entfernt, dass das Foreign Office genau darauf zu achten begann, welche Reaktionen er mit seinen Reden auslöste.

Im Januar 1936 erfuhr die britische Öffentlichkeit, dass König George V. im Sterben lag. Am Tag nach dem Tod des Königs bekam der britische Botschafter in Berlin Besuch von einem Vertreter des exilierten Deutschen Kaisers aus Doorn, der dem Botschafter die Bitte unterbreiten ließ, dass ein offizieller Vertreter seiner Person an der Beisetzung des Königs teilnehmen dürfe. Der neue König begrüßte den Vorschlag und regte an, der vormalige Kronprinz Wilhelm möge dem Katafalk durch die Straßen von London folgen. Doch die englische Regierung wies Edward VIII. beharrlich darauf hin, die Anwesenheit des vormaligen Kronprinzen könnte missverstanden werden, und so wurden die Hohenzollern durch den Kaiserenkel Prinz Friedrich vertreten, einem Englandfreund, der sich später auf der Insel niederließ.

Nach Edwards Thronbesteigung verfestigte sich seine Beziehung zu Wallis Simpson. Im August 1936 machte der neue König – dessen Krönung im Mai 1937 stattfinden sollte – auf Schloss Balmoral mit seiner Geliebten Ferien. Simpson bezog die Suite, die zuvor Edwards Mutter, Königin Mary, regelmäßig bewohnt hatte. Im Oktober 1936 reichte Simpson ihre zweite Scheidung ein und war damit frei, ein drittes Mal zu heiraten. Im November teilte König Edward VIII. seiner Familie und dem Premierminister mit, dass er gedenke, Simpson zu heiraten. 

Grundsätzlich war eine nicht standesgemäße Ehe möglich. Sie hätte Simpson zwar nicht den Status einer Königin eingeräumt, aber doch die Position einer Ehefrau. Dazu hätte es damals allerdings einer Gesetzesänderung bedurft. Die Regierung riet davon ab und die Kirche, deren Oberhaupt der König war, verweigerte ihre Zustimmung, weil Simpson bereits zwei Mal geschieden war. Für diesen Fall hatte Edward VIII. seinen Thronverzicht angekündigt. Er machte seine Ankündigung wahr. Am 10. Dezember 1936 unterschrieb der König die Abdankungsurkunde. Die Regierungszeit seines Vaters und Vorgängers hatte ein Vierteljahrhundert umfasst, seine eigene mit elf Monaten und 21 Tagen kein Jahr. Ihm folgte auf dem Thron sein nächstjüngerer Bruder Albert als George VI. Als König verlieh der ihm den Titel eines Herzogs von Windsor.

Edward hatte gehofft, dass seine Brüder ihm bei seiner Hochzeit mit Simpson zur Seite stehen würden. Bei der Trauung in Candé bei Nantes in Frankreich am 4. Juni 1937 war jedoch kein Mitglied des Königshauses zugegen. 

Auch nach seiner Abdankung zeigte der Windsor Interesse für das Dritte Reich. Im Oktober 1937 war das frischvermählte Herzogspaar zu Gast bei Adolf Hitler auf dem Obersalzberg. Das Foreign Office befasste sich mit Sorge damit, während die britische Öffentlichkeit davon kaum Notiz nahm. In Regierungskreisen suchte man für den Ex-König und seine Frau ein Aufgabenfeld, um den weiteren Lebensweg des jungvermählten Paares in die gewünschte Richtung zu lenken. 

Spionage für Deutschland?

Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurden die beiden mit dem von Lord Louis Mountbatten kommandierten Flottillenführer „Kelly“ nach Großbritannien gebracht. Im Range eines Generalmajors kehrte er nach Frankreich zurück, um dort die mit England verbündeten französischen und belgischen Truppen zu inspizieren. Inwieweit der Herzog dort für die deutsche Spionage tätig gewesen ist, ist bislang im Dunkeln geblieben. Es wird gemutmaßt, dass er Geheimnisse an das Deutsche Reich verraten habe.

Noch vor Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Edward auf Vorschlag des Premierministers Winston Churchill zum Gouverneur der britischen Kronkolonie Bahamas ernannt. Doch das Leben auf der fernen Inselgruppe erfüllte die beiden Windsors nicht, und so kehrten sie 1945 nach Europa zurück. 

Von nun an lebten sie als Privatiers vornehmlich in Paris. Als Glamour-Paar bereisten sie die Welt und waren außerhalb Englands gern gesehene Gäste hochrangiger Staatsrepräsentanten, obwohl der Herzog und die Herzogin niemals wieder ein offizielles Amt ausfüllten. Zur königlichen Familie in England hatten sie zeitlebens ein gespanntes und von Gerüchten geprägtes Verhältnis.

Im Alter von 77 Jahren starb der Herzog von Windsor, wie andere Mitglieder seiner Familie ein starker Raucher, am 28. Mai 1972 in Paris an Kehlkopfkrebs. Sein Leichnam wurde nach Windsor Castle überführt. Wallis Simpson, die Herzogin von Windsor, überlebte Edward um 14 Jahre. Sie starb 1986 im Alter von 89 Jahren und wurde an der Seite ihres Mannes auf dem Königlichen Friedhof bei Windsor bestattet. Die Ehe blieb kinderlos.






Heinrich Prinz von Hannover, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, Königlicher Prinz von Großbritannien und Irland, ist ein Urenkel Kaiser Wilhelms II. Er arbeitet als Verleger in Göttingen.