18.04.2024

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Folge 21-22 vom 27. Mai 2022 / Irakkrieg / Eine ehrliche Aufarbeitung / Jeff Montrose nahm als Infanterieoffizier der US-Armee an Einsätzen im Gebiet um Samarra und Balad teil, bevor er der Armee den Rücken kehrte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-22 vom 27. Mai 2022

Irakkrieg
Eine ehrliche Aufarbeitung
Jeff Montrose nahm als Infanterieoffizier der US-Armee an Einsätzen im Gebiet um Samarra und Balad teil, bevor er der Armee den Rücken kehrte
Manuela Rosenthal-Kappi

Die geschilderten Erlebnisse und Reflexionen über seinen Einsatz im Irakkrieg lesen sich spannend wie ein Krimi. In dem Buch „In der Wüste des Wahnsinns“ erzählt der als Offizier der US-Armee eingesetzte Jeff Montrose offen und ehrlich, was er in dem arabischen Land erlebt hat, und wie sich seine Sicht der Dinge allmählich veränderte.

 Weil Montrose von Werten wie Loyalität, Pflicht und Mut geprägt war und fest an die freie, pluralistische und demokratische Gesellschaft glaubte, wie sie in der Verfassung der USA verankert ist, meldete er sich freiwillig für den Militäreinsatz. Im Winter 2004 wurde er als Offizier des 25. Infanterieregiments zu einem 15-monatigen Einsatz in das Gebiet um Samarra und Balad beordert, zu einer Zeit, da die Gewalt eskalierte und das Chaos immer unübersichtlicher wurde.

Ungenügend auf den Einsatz vorbereitet und überdies schlecht ausgerüstet, wich bei ihm die heroische Absicht, seinem Land zu dienen, allmählichen Zweifeln.  Das Vorhandensein von Massenvernichtungswaffen, mit dem der Einsatz begründet wurde, konnte nicht bestätigt werden. Immer öfter stiegen Zweifel am Sinn und Zweck der gestellten Aufgaben auf. Die Realität war ein Krieg, in dem nicht einmal klar war, wer der Feind war: Sunniten, Schiiten, Iraker, Al-Kaida oder Baath-Anhänger? Die Führung vereinte sie lapidar unter dem Sammelbegriff Terroristen. 

Schonungslos analysiert Montrose die Fehler der US-Außenpolitik. Zunehmend fühlte er sich von der Führung im Stich gelassen. Eindringlich beschreibt er die seelischen Nöte, denen ein Soldat im Einsatz ausgesetzt ist sowie die allmähliche Veränderung der Persönlichkeit. Bei einer Gelegenheit erschrak Montrose so sehr über sich selbst, dass seine persönliche Erkenntnis reifte, die Armee verlassen zu müssen. 

Er schmiedete den Plan, in Deutschland ein neues Leben zu beginnen. Ehrgeizig lernte er zunächst die Sprache, hielt sich mit Jobs über Wasser, nahm ein Studium auf, das er mit einem Master abschloss und fand schließlich als Hochschuldozent mit dem Schwerpunkt US-Außen- und Sicherheitspolitik an deutschen Universitäten einen neuen Beruf.

Die Geschichte seines zivilen Werdegangs ist in die Kriegsschilderungen eingeflochten. Auch hier zeigt sich, dass die Kriegserlebnisse einen Soldaten nie loslassen. Mit Unterstützung seiner deutschen Frau Marianne und dem Eintritt in einen Veteranenverein gelang es Montrose schließlich, mit seinen „Dämonen“ zu leben.

Jeff Montrose: „In der Wüste des Wahnsinns. Was ich im Irakkrieg erlebt und endlich begriffen habe“, Econ-Verlag, Berlin 2021, gebunden, 277 Seiten, 21,99 Euro