19.04.2024

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Folge 22-22 vom 03. Juni 2022 / Hintergrund / Mutation oder Folge der Vernachlässigung der Pockenimpfung? / Über die Ursachen des vermehrten Affenpockenausbruchs herrscht derzeit noch Unklarheit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-22 vom 03. Juni 2022

Hintergrund
Mutation oder Folge der Vernachlässigung der Pockenimpfung?
Über die Ursachen des vermehrten Affenpockenausbruchs herrscht derzeit noch Unklarheit

Das Affenpockenvirus MPXV, das erstmals 1958 im Körper von Laboraffen in Dänemark nachgewiesen wurde, gehört zu den DNA-Viren und mutiert dadurch sehr viel weniger als RNA-Viren, zu denen unter anderem der Corona-Erreger zählt. Trotzdem könnte es sich in den letzten Jahrzehnten verändert und damit besser an den Menschen angepasst haben. Immerhin registrierte man allein zwischen 1980 und 2007 eine Verzwanzigfachung der Zahl der Affenpockenfälle in der Demokratischen Republik Kongo. 

Zudem tritt der Erreger neuerdings auch vermehrt in west- und zentralafrikanischen Staaten auf. Darüber hinaus steigt die Zahl der Erkrankten pro Ausbruch, was auf eine bessere Übertragbarkeit hindeutet. So gab es in einer einzigen betroffenen Region Nigerias gleich um die 500 MPXV-Infizierte. Außerdem traten die Affenpocken in der Vergangenheit praktisch nicht außerhalb Afrikas auf – mit einigen wenigen Ausnahmen wie 2003, als aus Ghana importierte Kleinsäuger erst Präriehunde und über diese dann auch Menschen in den USA ansteckten.

Sollte das Virus also mutiert und damit deutlich infektiöser geworden sein, dann könnte dies vor allem aus zwei Ursachen resultieren: Zum Ersten dringen die Menschen in Afrika durch das Bevölkerungswachstum immer tiefer in bisher noch unberührte Lebensräume der afrikanischen Fauna vor, womit es zwangsläufig zu mehr Kontakten zwischen Tier und Mensch und somit auch zwischen Mensch und Virus kommt – vor allem, wenn Wildtiere gejagt und verzehrt werden. Zum Zweiten könnte sich der MPXV-Erreger neue Wirte gesucht haben. In Frage kommen hier vor allem Haustiere wie Schweine.

Genauso oder parallel dazu besteht aber auch die Möglichkeit, dass das Affenpocken-Virus dabei ist, jene ökologische und immunologische Nische zu besetzen, die früher das mittlerweile durch die globalen Impfkampagnen ausgerottete Variola-Virus einnahm, das die oftmals tödlichen „Echten Pocken“ verursachte. Das vermuteten Forscher unter der Leitung von Malachy Ifeanyi Okeke von der American University of Nigeria bereits 2020 in einem Artikel im Fachblatt „Viruses“.

Sollte dies der Fall sein, wäre es die Folge des nachlassenden Impfschutzes in der Bevölkerung. Die bis Anfang der 1980er Jahre verabreichten Pocken-Impfungen wirkten nicht nur gegen das Variola-Virus, sondern auch gegen MPXV. Zwar lag die durch die Vakzingabe erzeugte Kreuzimmunität statt bei 100 nur bei 85 Prozent, aber das reichte wohl aus, um die Affenpocken in Schach zu halten. Inzwischen ist der Anteil der jüngeren Menschen ohne jegliche Pockenimpfung jedoch kontinuierlich gestiegen. W.K.