18.04.2024

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Folge 22-22 vom 03. Juni 2022 / Die Linke / „Lebensversicherung für das Überleben“ / Die Partei ist sich weder in der Analyse ihrer Lage noch in der Frage der nötigen Konsequenzen einig

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-22 vom 03. Juni 2022

Die Linke
„Lebensversicherung für das Überleben“
Die Partei ist sich weder in der Analyse ihrer Lage noch in der Frage der nötigen Konsequenzen einig
Peter Entinger

Waren die 2,6 Prozent im Saarland und der Austritt von Parteigründer Oskar Lafontaine noch ein mediales Großereignis, so stellte der Absturz auf 1,7 Prozent in Schleswig-Holstein keine Überraschung mehr dar. Und dann nur noch 2,1 Prozent bei der diesjährigen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Nirgendwo wurde der desolate Zustand der Linkspartei so deutlich wie in der Herzkammer der deutschen Arbeiterschaft. Vier Prozent in einem Essener Wahlkreis, knappe fünf irgendwo in Recklingenhausen – das waren die Hochburgen der regelrecht pulverisierten Sozialisten. 

Die Partei, die sich vor eineinhalb Jahrzehnten anschickte, die SPD als linkes Korrektiv in der Parteienlandschaft abzulösen, ist im Westen heillos zerstritten. Die Zustandsbeschreibungen fallen entsprechend unterschiedlich aus. Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender im Bundestag, sieht die Partei an der Schwelle zum Abgrund. Die ihr zugeschriebene Bedeutungslosigkeit habe die Linke noch nicht erreicht, sagte hingegen der Ostbeauftragte der Fraktion, Sören Pellmann, der Deutschen Presse-Agentur. Die Partei sei in vier Landesregierungen und stabil in den Landtagen in Mitteldeutschland vertreten. 

Doch zuletzt gab es sogar in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern bittere Wahlniederlagen. Bis auf den Ausreißer von Thüringen mit 31 Prozent, der allerdings wohl der Popularität Bodo Ramelows zuzurechnen ist, und den stabilen 14 Prozent von Berlin kämpft die Partei mittlerweile selbst in den Hochburgen darum, nicht unter die Zehn-Prozent-Marke zu rutschen. 

Die Thüringerin Susanne Hennig-Wellsow, eine der beiden Parteivorsitzenden, die im vergangenen Jahr angetreten waren, um eine Aufbruchsstimmung zu erzeugen, warf im April hin. Janine Wissler aus Hessen, die übrig gebliebene Doppelspitzenhälfte, hat lange überlegt, ob sie ihr Amt auf dem Bundesparteitag in wenigen Wochen ebenfalls zur Verfügung stellt. In ihrem Landesverband wird gerade ein unappetitlicher Sex-Skandal ausgefochten. Nun will sie doch antreten, ihre Wiederwahl gilt aber nicht als sicher, die niedersächsische Bundestagsabgeordnete Heidi Reichinnek will gegen sie antreten.

Ramelow, einziger Ministerpräsident der Partei, kämpft in Thüringen um sein Amt und hat dem Vernehmen nach keine Lust, sich auf Bundesebene eine blutige Nase zu holen. Denn der Linken fehlt ein einheitliches ideologisches Fundament. Im Westen balgen linke Antifas, militante Ökos und frustrierte Ex-Sozis um die Macht. In den stabilen Ostverbänden gibt man sich dagegen bürgerlich beziehungsweise volksnah. In der Bundestagsfraktion prallen beide Pole aufeinander. Die Folge ist eine komplette Lähmung. Nun will man wohl zurück zu den Wurzeln. „Der Osten kann die Lebensversicherung für das Überleben der Linken bundesweit sein“, sagt Pellmann, der im Juni eine Kampfkandidatur gegen den EU-Abgeordneten Martin Schirdewan um den Parteivorsitz anstrebt. Es wäre aber das Ende der gesamtdeutschen Linken.