Polen hat aus eigenen Beständen 240 Panzer sowjetischer Bauart an die Ukraine geliefert, die Deutschland durch die Lieferung von „Leopard“-Panzern ersetzen sollte. Der polnische Staatspräsident Andrzej Duda wirft der Bundesregierung inzwischen ganz offen einen Wortbruch bei diesem geplanten Ringtausch vor. Am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos sagte Duda gegenüber der „Welt“: „Sie haben dieses Versprechen nicht erfüllt. Und offen gesagt: Wir sind sehr enttäuscht darüber.“
Als Ersatz für seine mittlerweile jahrzehntealten T-72 erwartet Polen offenbar die Lieferung des allermodernsten deutschen Kampfpanzers, des „Leopard“ 2 A7V. Tatsächlich ist fraglich, ob dies von deutscher Seite so versprochen wurde.
Bundeswehr muss selbst warten
Selbst die Bundeswehr muss sich nämlich gedulden, bis ihre Bestellung abgearbeitet ist. Beim Hersteller Krauss-Maffei Wegmann wurden für die Bundeswehr insgesamt 104 „Leopard“ 2 A7V geordert. Davon hat das Panzerbataillon 393 bei Bad Frankenhausen vergangenes Jahr die ersten 44 Exemplare erhalten. Dem Panzerlehrbataillon 93 in Munster wurden im Februar weitere fünf Exemplare übergeben. Den Rest der Bestellung soll der Hersteller bis 2023 an die Bundeswehr ausliefern. Laut einem Bericht des „Spiegel“ heißt es aus dem Wehrressort, eine schnelle Lieferung von „Leopard“-Panzern auf dem letzten Baustand an Polen sei schlicht nicht möglich. Von Warschau abgelehnt wurden laut dem Bericht Angebote, zunächst etwas ältere „Leopard“-Modelle zu erhalten, die in den kommenden Jahren modernisiert oder durch neue Systeme ausgetauscht werden.
Nach Angaben von Staatspräsident Duda hat Polen durch Lieferung der
250 T-72 Panzer an die Ukraine seine eigenen militärischen Vorräte „aufgebraucht“ und sein militärisches Potential geschwächt. Tatsächlich verfügt die polnische Armee trotz der Lieferung an die Ukraine noch immer über ein großes Arsenal an Panzern. Seit 2002 hat Deutschland schon 247 modernisierte Leopard-Panzer an Polen geliefert. Dazu hatte die polnische Armee bis zum Ukrainekrieg auch 127 modernisierte sowjetische T-72 und 232PT „Twardy“ aus Eigenproduktion im Bestand. Der US-Hersteller General Dynamics wird dieses Jahr zudem mit der Auslieferung von 250M1 „Abrams“ beginnen. Insgesamt addiert sich dies auf
856 polnische Panzer auf. Die Armeen Deutschlands und Frankreichs kommen laut dem österreichischen Militärmagazin „militäraktuell“ zusammen nur auf 714 Panzer.
Warschaus Beschaffungspolitik in Sachen Panzer wirft insgesamt Fragen auf. Die polnische Armee nutzt neben deutschen „Leopard“ auch modernisierte T-72 aus Sowjetzeiten und den in Polen produzierten PT-91 „Twardy“, der auf der Basis des sowjetischen T-72M1 entwickelt wurde.
Drei verschiedene Panzer-Modelle
Im Juli 2021 gab Verteidigungsminister Mariusz Blaszczsak bekannt, dass Polen auch noch 250 Panzer M1 „Abrams“ anschaffen will. Die polnische Armee wird damit vier unterschiedliche Panzermodelle in ihrem Arsenal haben. „Nach Ansicht von Experten würde das nicht nur die Logistik erschweren, sondern auch teuer werden“, so die Einschätzung durch „militäraktuell“. Obendrein liegt inzwischen auch noch ein Angebot des britischen Premiers Boris Johnson vor, der Polen als Kompensation für die an die Ukraine gelieferten T-72 Panzer den britischen Challenger 2 liefern will.