06.05.2024

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Folge 23-22 vom 10. Juni 2022 / Neun-Euro-Ticket / Die erste Bewährungsprobe / Pfingsten war die Bahn mit einem stark erhöhten Fahrgastaufkommen konfrontiert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-22 vom 10. Juni 2022

Neun-Euro-Ticket
Die erste Bewährungsprobe
Pfingsten war die Bahn mit einem stark erhöhten Fahrgastaufkommen konfrontiert
Norman Hanert

Wenige Tage nach Gültigkeitsbeginn des Neun-Euro-Tickets war die Bahn über das Pfingstfest einem ersten großen Belastungstest ausgesetzt. Im Vorfeld hatten einige Landesverkehrsminister bezweifelt, dass der öffentliche Nahverkehr eine höhere Nachfrage infolge eines derart attraktiven Angebots verkraften könne. 

Tatsächlich gab es über das Pfingstfest aus allen Teilen des Bundesgebiets Meldungen über Gedränge auf Bahnsteigen, überfüllte Züge und Verspätungen. Ralf Damde, Vizevorsitzender des Gesamtbetriebsrats DB Regio, berichtete dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), dass es an jedem Pfingsttag bundesweit etwa 400 Züge mit zu hoher Auslastung gab, sodass entweder Fahrgäste abgewiesen werden mussten oder Fahrräder nicht mitgenommen werden durften.

Bahnchef Richard Lutz hatte wenige Tage vor Anlaufen der von der Ampelkoalition beschlossenen Rabattaktion selbst auf die kritische Lage bei der Bahn aufmerksam gemacht. In Berlin sagte er, Passagiere und Fracht kämen nach der Corona-Flaute schneller wieder als erwartet. Die steigende Nachfrage treffe auf einen Rückstau bei den nötigen Investitionen in die überalterte Infrastruktur. „Noch nie gab es auf dem deutschen Streckennetz so viele Baustellen wie heute“, so der Bahnchef. Lutz kündigte an, die Bahn werde im Fernverkehr das Pünktlichkeitsziel von 80 Prozent verfehlen, sei „signifikant davon weg“.

Jan Schnellenbach, Professor für Volkswirtschaftslehre an der BTU Cottbus-Senftenberg, warnte im Zusammenhang mit dem Tankrabatt und dem Neun-Euro-Ticket vor einer dreimonatigen Symbolpolitik, „die eher negative Effekte hat“. Gegenüber dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) sagte er mit Blick auf das sogenannte Entlastungspaket der Ampelkoalition: „Man brauchte schnellen Aktionismus, um der Bevölkerung was anzubieten und zu zeigen, dass man handlungsfähig ist.“

Tatsächlich stellt sich die Frage, ob die Ampelkoalition die Steuergelder für das Neun-Euro-Ticket nicht besser in Schienenwege und neues Zugmaterial angelegt hätte. Die Koalition hat für die dreimonatige Rabattaktion im öffentlichen Nahverkehr immerhin 2,5 Milliarden Euro einkalkuliert. Für den Ausbau der Schienenwege sind im Haushaltsplan der Bundesregierung für das laufende Jahr dagegen nur 1,9 Milliarden Euro eingeplant.

Schnellenbach wies gegenüber dem rbb auf die Gefahr hin, dass die überfüllten Züge durch die Rabattaktion speziell auf Pendler so abschreckend wirken, dass sie lieber mit dem Auto fahren: „Gerade wenn man in Cottbus mit Leuten redet, die pendeln, da gibt es viele, die sagen: Ich steige in den nächsten drei Monaten auf das Auto um, weil ich keine Lust habe, in den völlig überfüllten Zügen unterwegs zu sein.“