06.05.2024

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Folge 23-22 vom 10. Juni 2022 / Vorsorge / Ein Tag, der viele wachgerüttelt hat / Der Stromausfall im Berliner Südosten vor drei Jahren machte die großen Lücken im Katastrophenschutz schlagartig sichtbar

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-22 vom 10. Juni 2022

Vorsorge
Ein Tag, der viele wachgerüttelt hat
Der Stromausfall im Berliner Südosten vor drei Jahren machte die großen Lücken im Katastrophenschutz schlagartig sichtbar

Kommt es in Deutschland zu Stromausfällen, liegt dies bislang meist an Extremwetterereignissen oder an Netzen, die beispielsweise aufgrund von Überlastung instabil werden. Eher untypisch sind Ursachen, die zu dem großflächigen Stromausfall im Berliner Südosten im Jahr 2019 geführt haben. Dort hatten Bauerarbeiter bei einer Brückensanierung in Berlin-Köpenick versehentlich gleich zwei zentrale Stromkabel durchbohrt: die eigentliche Versorgungsleitung und die daneben laufende Ersatzleitung. 

Dieses Missgeschick führte zum längsten und großflächigsten Stromausfall in der Berliner Nachkriegsgeschichte. Am Dienstag, den 19. Februar, fiel kurz nach 14 Uhr der Strom aus. Der örtliche Netzbetreiber konnte erst um 21.22 Uhr des Folgetags melden, dass sämtliche Stadtviertel im Berliner Südosten wieder am Stromnetz hängen.

Vom Ausfall betroffen waren insgesamt rund 31.000 Haushalte und 2000 Gewerbetreibende. Teilweise waren sie auch ohne Wasser und Heizung. Dunkel blieben natürlich ebenfalls die Straßenbeleuchtung und die Verkehrsampeln. Vielerorts fiel nach einigen Stunden zudem noch das Mobilfunknetz aus. Die spätere Auswertung, an der sich vier Senatsverwaltungen, zwei Bezirksämter, Polizei, Feuerwehr, Hilfsorganisationen, der Versorger Vattenfall, Bahn, BVG und Wasserbetriebe beteiligten, förderte einige Schwachpunkte beim Management der Krise zutage. Verbesserungsbedarf sahen die beteiligten Kräfte vor allem bei der Information der Bevölkerung.

Ab 1990 alle Sirenen abgebaut 

Recht schnell hatte Berlins Polizei beispielsweise mobile Wachen eingerichtet, auch ein Lkw des Katastrophenschutzes stand vor dem Rathaus Köpenick mit Steckdosen bereit, damit Bürger ihre Mobiltelefone laden konnten. Durch den Ausfall des Funknetzes erreichte die Information über diese Hilfen allerdings viele Betroffene gar nicht. Berlins Feuerwehr gewann wiederum die Erkenntnis, dass längst nicht jeder Haushalt über einen Notvorrat an Kerzen und Taschenlampen und ein batteriebetriebenes Radio verfügt.

Mit der Flutkatastrophe im Ahrtal und dem Krieg in der Ukraine hat der Schutz der Bevölkerung in Katastrophenfällen nun bundesweit erneut eine große Bedeutung bekommen. Als Lehre aus der Flutkatastrophe im vergangenen Sommer im Westen Deutschlands hat das Bundeskabinett beispielsweise beschlossen, den Ländern 80 Millionen Euro für die Wiedereinführung von Sirenen bereitzustellen.

Für die Mittel gibt es tatsächlich großen Bedarf. Anders als in Brandenburg existieren in Berlin beispielsweise überhaupt keine Sirenen mehr, mit denen die Bevölkerung in Katastrophenfällen gewarnt werden könnte. So hat das Land Berlin die Sirenen nach dem Ende des Kalten Krieges abgeschafft. Ähnliches war bei anderen Vorsorgemaßnahmen zu beobachten. Zu Zeiten der Teilung hatte in beiden Stadthälften der zivile Katastrophenschutz für die Politik eine hohe Priorität. So verfügte die Westhälfte zu Mauerzeiten über mehrere komplette Ausrüstungen für Krankenhäuser, die für den Notfall eingelagert waren. Der Umstand, dass solche Notvorräte längst nicht mehr vorhanden sind, wurde der Öffentlichkeit eher beiläufig, im Zuge der Corona-Pandemie beispielsweise, bewusst.  N.H.