06.05.2024

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Folge 23-22 vom 10. Juni 2022 / Ostpreussentreffen in Wolfsburg / Editha Westmann grüßt die Heimatvertriebenen / Grußwort der niedersächsischen Landesbeauftragten für Heimatvertriebene und Spätaussiedler

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-22 vom 10. Juni 2022

Ostpreussentreffen in Wolfsburg
Editha Westmann grüßt die Heimatvertriebenen
Grußwort der niedersächsischen Landesbeauftragten für Heimatvertriebene und Spätaussiedler

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Ostpreußen und Heimatfreunde,


am 11. Juni 2022 ist es endlich so weit: Nach mehr als drei Jahren lädt die Landsmannschaft Ostpreußen wieder bundesweit zum Treffen nach Wolfsburg. Persönliche Begegnungen sind endlich möglich, Ihre Kulturarbeit wird intensiviert und fortgesetzt. In schwierigen und angespannten Zeiten ist immerhin dies ein gutes Zeichen.


Leider kann ich am 11. Juni nicht an Ihrem Jahrestreffen teilnehmen, weil an jenem Wochenende in Hannover der Tag der Niedersachsen stattfindet. Dort bin ich terminlich gebunden. Als Niedersächsische Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spätaussiedler übermittle ich Ihnen im Namen der Landesregierung deshalb auf diesem Wege herzliche Grüße.


Flucht, Deportation und Vertreibung haben in den letzten acht Jahrzehnten Millionen Menschen schwer traumatisiert. Flüchten müssen, deportiert oder vertrieben werden, ankommen und neu beginnen, wo man nicht unbedingt willkommen ist – diese Erfahrung prägt Menschen über Generationen. Heimat bedeutet Wurzeln, Familie und Freundschaften haben, Geborgenheit und Sicherheit spüren. Heimat ist für die meisten Menschen ein existenzielles Gefühl. Angesichts des Krieges in der Ukraine sind solche Feststellungen von schockierender Aktualität.

Der russische Angriff mit seinen verheerenden Folgen trifft die Menschen in der Ukraine, er trifft aber auch das russische Volk, Europa und weite Teile der ganzen Welt. Die verhängnisvollen Auswirkungen dieser neuen mächtigen Konfrontation machen sich in Ihrer Heimat, dem heute dreigeteilten Ostpreußen, ganz besonders bemerkbar. Daher muss dieser Krieg bald ein Ende finden. Lassen Sie uns gemeinsam unsere demokratischen Werte und das Streben nach Frieden und Versöhnung im Blick behalten.


Es berührt mich sehr, wie enorm groß die Hilfsbereitschaft so vieler Heimatvertriebener gegenüber den Menschen in und aus der Ukraine ist. Zahlreiche Ostpreußen und ihre Nachfahren haben gleich im März eigene Unterkünfte angeboten und sich an Spendenaktionen beteiligt. Seit mehreren Monaten ist das Engagement riesengroß und zeigt, dass man in der Not zusammensteht. Für diesen beeindruckenden Einsatz bin ich persönlich und als Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spätaussiedler allen Helferinnen und Helfern von Herzen dankbar.


Rund 50 Prozent der niedersächsischen Bevölkerung haben einen direkten oder indirekten Bezug zu Flucht, Deportation und Vertreibung. Nach dem Zweiten Weltkrieg strandeten fast zwei Millionen deutsche Flüchtlinge und Heimatvertriebene in Niedersachsen. Später kamen mehr als 350.000 Spätaussiedler und auch viele Menschen aus anderen Schicksalsgruppen hinzu. Es lohnt sich immer, den Betroffenen zuzuhören. Denn ihre Geschichten sind unsere Geschichten. Ohne sie wären Niedersachsen und die Bundesrepublik in ihrer heutigen Gestalt und Dynamik gar nicht denkbar.


Erinnerungen an das Leid und die Leistungen der deutschen Heimatvertriebenen schaffen Verständnis für die derzeit aus der Ukraine flüchtenden Menschen. Andersherum möge es sich genauso verhalten: Die Schicksale der ukrainischen Zivilbevölkerung sollten auch Empathie für die ostpreußischen Frauen und Kinder schaffen, die vor rund 80 Jahren aus ihrer Heimat vertrieben wurden.


Für Ihre Teilnahme am Jahrestreffen der Landsmannschaft in Wolfsburg wünsche ich Ihnen erfüllende Gespräche und neue gute Anregungen für Ihr Wirken.


Ihre




Editha Westmann

Hannover, im Mai 2022